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Transkript zu Episode 4: „Diversität ist kein Top-Down-Prozess. Diversität muss im ganzen Unternehmen gelebt werden.“
KiKA-Redakteur Daniel Seiler spricht mit Inka Kiwit über das Diversitätsverständnis bei KiKA. Im Gespräch geht es darum, welche Vielfaltsdimensionen in den Redaktionen Beachtung finden und wie Diversitätsmanagement partizipativ und sensibel gestaltet werden kann.
[Intro] Triff KiKA - Werkstattgespräche
Inka Kiwit: Hallo und Herzlich Willkommen aus der KiKA-Werkstatt. Bei uns begegnen Menschen, die die Angebote bei KiKA verantwortlich sind und sie gestalten. Ich bin Inka Kiwit, Redakteurin und Podcast-Moderatorin. Schön, dass Sie dabei sind. In dieser Folge widmen wir uns der Diversität. Kinder sollen sich nämlich in unserem Angebot wiederfinden, egal, welche Hautfarbe sie haben, welches Geschlecht sie haben, wo sie herkommen, welche Sprache oder auch welchen Dialekt sich sprechen. Wir wollen Vorbilder präsentieren und Identifikationsfiguren aufzeigen. Und genau das, was ich alles eben genannt habe, im Redaktionsalltag jeden Tag umzusetzen, dass ist eine ziemlich große Verantwortung für alle Medienschaffenden. Das sieht auch Daniel Seiler so. Er ist Redakteur bei KiKA und kümmert sich um das Themenfeld Diversität. Von ihm erfahren Sie jetzt aus erster Hand, wie Diversität und Vielfalt bei KiKA gelebt und in den Angeboten wiedergefunden werden. Rein ins KiKA Werkstattgespräch.
Inka Kiwit: Hallo Daniel. Schön, dass du da bist.
Daniel Seiler: Hallo Inka. Schön, dass ich bei dir sein darf.
Inka Kiwit: Daniel, wenn du dir mal kurz einen imaginären Diversitätskompass vorstellst, der die Richtung unserer Arbeit bei KiKA anzeigt. In welche Himmelsrichtung zeigt der gerade und warum?
Daniel Seiler: Das eine spannende Frage zum Einstieg, weil ich glaube, das Bild des Kompasses greift eigentlich viel zu kurz. Und ist vielleicht an der Stelle nicht richtig. Weil ein Kompass kann ja immer nur in eine Richtung zeigen. Wenn wir aber über Diversität und Vielfalt sprechen, dann haben wir ja ganz verschiedene Vielfaltsdimensionen. Wir sprechen über Herkunft, in Deutschland vielleicht auch so etwas wie Ost-West. Wir haben sexuelle und geschlechtliche Identität. Wir haben Sprachvermögen, Behinderungen, Aussehen, Armut, Reichtum. Die Wohnumgebung - wohnt jemand in der Stadt oder auf dem Land? Welche Hautfarbe hat die Person? All das versuchen wir ja, wenn wir über Diversität sprechen, in irgendeiner Form zu berücksichtigen. Und daher ist dieses Bild des Kompasses, der in eine Richtung zeigt, für mich viel zu einengt. Vielleicht wenn wir so ein bisschen in der Medienbranche bleiben. Ist es eher so etwas wie das Multiversum von Marvel. Also, dass es irgendwie so ein multidimensionaler Raum ist, in denen sich viele Dimensionen und Perspektiven verschränken. Wo das Bild des Kompasses vielleicht schon greift. Das ist, wenn wir so den Blick in die Organisation richten. Also wenn wir sagen, wir wollen als Unternehmen uns vielfältig ausrichten. Wir wollen allen Vielfaltsdimensionen Raum geben und vor allem Verständnis in den Redaktionen für Vielfalt schaffen. Dann kann man sagen okay, dann wollen wir diese Richtung laufen. Und da passt das Bild des Kompasses dann wieder.
Inka Kiwit: Okay, wenigstens da passt der Kompass. Das klingt schon ganz gut. Also haben wir zumindest intern eine Richtung, möglichst vielfältig und sensibel mit Themen umzugehen.
Daniel Seiler: Das kann man so sagen. Ja.
Inka Kiwit: Okay, danke. Daniel, ich finde ja, dass das Thema Diversität an sich ein hoch emotional aufgeladenes ist. Hier wird häufig polarisiert, hier wird politisiert. Warum ist das so? Warum ist das Thema Diversität so kontrovers deiner Ansicht nach das?
Daniel Seiler: Das ist tatsächlich glaube ich ein höchst individuelles Thema. Und pauschal wird da wahrscheinlich keine Antwort so richtig greifen. Dann müsste man wahrscheinlich so ein bisschen in die individuelle Psyche gucken von vielen Menschen. Was ich wahrnehme und so ein bisschen vermute ist, dass wir in den letzten Jahren einfach auch in einer Welt leben, die extrem unsicher geworden ist. Wenn wir auf Corona, auf den russischen Angriffskrieg gucken. All das sorgt für eine Verunsicherung in der Gesellschaft. Und vielleicht ist deshalb eine Gegenbewegung, dass man sagt, man möchte an tradierten Werten, Erzählungen oder auch Formatierungen festhalten, weil es in irgendeiner Form Sicherheit gibt. Und überall, wo jetzt in irgendeiner Form Veränderung stattfindet, sorgt es vielleicht für noch mehr Verunsicherung und noch mehr Angst. Für mich ganz persönlich gesagt, muss ich sagen, ich finde diese Gegenbewegung unverständlich, weil ich finde als Gesellschaft. Vielleicht nicht immer individuell, aber als Gesellschaft leben wir in einer Zeit von und in einem extremen Wohlstand. Und dass alle Menschen daran teilhaben wollen, und dass es deshalb gesellschaftlichen Druck gibt, eben diese Teilhabe zu ermöglichen, das finde ich absolut nachvollziehbar. Dass Menschen sagen, wir wollen an solchen Veränderungen teilhaben. Wir wollen auch mehr Platz in der Gesellschaft finden. Und genau deshalb, das ist glaube ich so ein bisschen ein Spiegelbild vielleicht deshalb ist.
Inka Kiwit: Ja noch mal eine ganz kurze Nachfrage. Empfindest du KiKA dann, als ich weiß nicht, als eine Art Brückenbauer vielleicht? Zwischen dieser Angst, die du genannt hast und weiß ich nicht - Freude oder Notwendigkeit zum Wandel?
Daniel Seiler: Das Bild des Brückenbauers ist eigentlich, glaube ich, ein schönes. Deshalb haben wir ja so viel Formate wie Dokumentationen und Reportagen, die eben Vielfalt transportieren und Einblicke in andere Lebensentwürfe und Realitäten geben. Ja ich glaube, das passt ganz gut. Ist ein schönes Bild, ja.
Inka Kiwit: Okay, besser als der Kompass.
Daniel Seiler: Ja, da können wir uns einigen.
Inka Kiwit: Ich würde ganz gerne an dieser Stelle mal einen kurzen Einblick für alle geben, die keine Vorstellung von der Vielfalt bei KiKA haben. Wie vielfältig ist das KiKA-Programmangebot? Gib uns da mal einen kurzen Überblick, bitte.
Daniel Seiler: Ich habe ja eingangs schon die verschiedenen Vielfaltsdimensionen aufgeführt und wir versuchen auf jeden Fall all diese Perspektiven in unsere Programme und Formatarbeit einfließen zu lassen. Wir haben im Non-fiktionalen Reportagen und Dokumentationen wie „Schau in meine Welt!“, wie „stark!“, wie „Zeig mir Feiertage“, wie „neuneinhalb“, die zeigen vielfältige Lebensmodelle und Entwürfe. Wenn wir uns angucken, wer bei uns Formate präsentiert, dann ist das Moderationsteam ja auch extrem vielfältig und bringt auch unterschiedliche Perspektiven, Geschichten und ja, Sichtweisen einfach mit. Und mal so ganz konkret gucken, auf vielleicht so zwei, drei Formate aus der neuesten Zeit. Da haben wir zwei, die auf die Dimension der Behinderung gucken, entwickeln wir gerade mit der Akademie für Kindermedien - die Serie „Gong! Mein spektRakuläres Leben“. Da geht es um Neurodiversität und Autismus, also auch mal eine Perspektive, die im Kinderfernsehen, glaube ich so bisher wenig Raum hatte. Wir haben auch vor wenigen Monaten zum Beispiel KiKANiNCHEN als unsere starke Vorschulmarke und Welt in Kleinstprachen wie Friesisch und Sorbisch übersetzt. Und entsprechend bieten wir auch Dialekten Raum. Also da, ich glaube, da ist eine ganz hohe Sensibilität da und wir versuchen natürlich immer wieder neue Dimensionen abzudecken. Und so, ja ein KiKA wirklich für alle zu sein.
Inka Kiwit: Daniel, wir lassen uns ja gerne über die Schulter gucken bei der Arbeit. Vor allem natürlich hier in unseren Werkstattgesprächen. Dafür sind sie da, und darauf will ich jetzt hinaus. Wie stellen wir denn intern sicher, dass sich jedes Kind in unseren Programmangeboten wiederfinden kann? Ganz im Sinne, du hast das eben gerade gesagt, unseres Leitgedankens „KiKA für alle.“
Daniel Seiler: Wir sind davon überzeugt, dass Diversität im ganzen Unternehmen gelebt werden muss. Also es kann nicht so ein Top-down-Prozess sein, dass die Geschäftsführung vorgibt, wir wollen jetzt divers werden. Und dann funktioniert das einfach so. Einerseits muss die Führung ist natürlich vorleben, und das tut sie auch. Sie greift Impulse auf und gibt Raum für Debatten über gesellschaftliche Entwicklungen. Aber andererseits muss es auch ein Prozess sein, der im ganzen Haus gelebt wird. Das heißt, dass alle Mitarbeitenden, alle Redakteur*innen, das in irgendeiner Form in ihrem Alltag umsetzen. Deshalb bieten wir zum Beispiel für Redakteur*innen eine Checkliste an, eine Diversitäts-Checkliste. Die gibt Impulse und Leitfragen.
Inka Kiwit: Das stimmt.
Daniel Seiler: Ja, die kennst du ja auch. Die ist nicht kleinteilig - das soll keine Checkliste sein mit so zehn Punkte zum Abhaken und Diversität ist erledigt. Sondern die gibt Raum zum Nachdenken. Die stellt Fragen, wo man eher so nochmal - okay, ich gucke noch mal auf mein ganzes Skript auf. Meine ganze Idee drüber. Habe ich da wirklich mit Menschen gesprochen und nicht nur über Menschen. Welche Sprache nutze ich? Und so was. Also da versuchen wir wirklich, dass im Haus sich das schon mal fest verankert. Wir bieten auch eine Vortragsreihe an, so etwa alle ein bis zwei Monate laden wir gesellschaftliche Gruppen, marginalisierte Gruppen, ein um ihre Perspektive auf unsere Programmarbeit zu geben. Die machen entweder eher auch Impulsvorträge oder auch mal Programmkritik-Aktionen. Gucken sich einzelne Formate oder auch so einen ganzen Tag zum Beispiel mal an und sagen: Okay, was ist Ihnen aufgefallen? Wurden Sie repräsentiert? Wenn ja, wie? Also so geben wir Raum für Diskussionen. Und da sind eben alle Mitarbeitenden eingeladen, sich an diesen Foren und Podien zu beteiligen. Und vielleicht ein dritter Baustein, der sehr erfolgreich funktioniert, ist die 50-50-Challenge - von der BBC initiiert. Das heißt, dass wir auch wirklich messen in einzelnen Formaten. Wie ist die Repräsentation? Wieviel Männer, wie viel Frauen sind in dem Programm zu sehen? Wie ist die Sichtbarkeit von Menschen mit einer Migrationsgeschichte oder mit Behinderung? Umso über einen langen Zeitraum sieht man einfach, wie sich einzelne Formate verändern und mit der Zeit auch sensibler werden. Solche Impulse geben wir an die Produzent*innenlandschaft auch. Wir versuchen uns in der ARD, im MDR zu vernetzen. Und, ich glaube auch ganz wichtig, dass wir entsprechend partizipativ handeln. Das heißt das wir Formate mit der Zielgruppe entwickeln, sie mit ihnen testen. Raum geben, damit sie Formate mitgestalten können. Und auch so bieten wir, glaube ich, mehr Raum, das Lebenswelt wirklich authentisch abgebildet wird. Und dass sich dann entsprechend auch alle in den Programmen wiederfinden.
Inka Kiwit: Du hast ja eben gerade erwähnt die Diversitäts-Checkliste, weil ich eben gerade an einer Produktion sitze. Gucke bewusst drauf, zum Beispiel, dann eben auch auf Stereotypen und Klischees, steht auch mit drauf. Da hole ich uns doch mal direkt, allen die zuhören und mir, vertiefendes Wissen ein. Daniel, wie gehen wir denn mit Stereotypen und Klischees in unseren Programmen um? Und klar wie vermeiden wir sie? Du könntest die Frage jetzt auch zurückgeben, aber ich hole mir das Wissen von dir.
Daniel Seiler: Was hast du denn gemacht? Nein, Quatsch. Ich glaube, da müssen wir auch entweder ein bisschen unterscheiden. Und eine pauschale Antwort greift hier zu kurz, weil Stereotyp nicht Stereotyp ist. Wenn wir beispielsweise mal auf das Thema Geschlecht gucken und keine Ahnung - die Prinzessin ist Rosa und der Junge ist der starke Held, der die Prinzessin rettet. Also ja so klassisches Rosa-Hellblau-Gefälle. Das ist, glaube ich, nicht schlimm, wenn es auch so ein Rollenmodell gibt. Aber es darf halt nicht das Einzige sein. Also es braucht dann Gegenentwürfe. Es braucht da die Vielfalt. Und es braucht einfach genauso eine starke weibliche Figur. Und warum soll nicht auch ein Junge rosa tragen? Also, daher glaube ich, so einem Stereotyp kann man Raum geben aber es darf halt nicht der auch der exklusive Raum sein. Das finde ich total unproblematisch. Aber es braucht eben dieses Bewusstsein dafür und über alle Formate dann hinweg, welche Bilder man da präsentiert. Anders sieht es da aus wo es um klischeehafte Darstellung geht die verletzend oder rassistisch oder auch diskriminierend ist. Die Beispiele sind hier glaube ich, recht naheliegend, eine asiatisch gelesene Person, die zum Beispiel nur als Putzkraft dargestellt wird. Schwarze Menschen, die in Nebenrollen immer in der schwachen Position sind. Ich finde, so etwas geht einfach überhaupt nicht mehr in der heutigen Zeit. Da geht es um Anerkennung von Wahrheit und auch von Geschichte. Warum Menschen so diskriminiert wurden bei uns in der Vergangenheit. Es heißt hier, glaube ich, brauche es ein Perspektivwechsel, auch damit eben die Heranwachsenden, die junge Generation dementsprechend echte Chancengerechtigkeit und neue Perspektiven sieht. Und dementsprechend müssen solche Stereotypen und Rollenbilder eben vermieden werden.
Inka Kiwit: Sehe ich ganz genauso. Genau deswegen machen wir auch die Arbeit und haben die Diversitäts-Checkliste, die uns immer wieder darauf hinweist und uns da die Augen noch einmal öffnet. Ich würde gerne in dieser Folge noch eine weitere Stimme einspielen, nämlich die von Katharina Roeb. Sie ist Host des queeren Podcast „Willkommen im Club“ von Puls vom Bayerischen Rundfunk. Und ich habe Katharina für unser Werkstattgespräch gefragt, was wir denn als KiKA tun können, um eine noch inklusivere Umgebung für unsere Zielgruppen zu schaffen. Katharina Roeb:
Katharina Roeb: Ich wünsche mir ganz eigentlich beiläufige queere Vorbilder. Ganz oft nämlich, wenn man Queerness thematisiert, dann geht es nur darum. Und es geht um das Anderssein als queere Person. Aber mein großer Wunsch wäre, dass zum Beispiel jemand wie Bibi Blocksberg zwei Mamas hätte. Barbara etabliert und dann vielleicht noch die Mama Simone oder so. Und die kommen dann auch einfach nur im Hintergrund vor. Und es muss dann auch gar nicht um Queerness gehen, damit auch Kinder sehen - Hey, wenn du selbst zum Beispiel zwei Mamas hast, dann ist das völlig fein.
Daniel Seiler: Das ist wahnsinnig spannend, was Katharina hier sagt. Wir hatten sie ja auch bei Diversity-Tag dieses Jahr bei uns zu Gast im Haus und sie hat ähnliches Feedback uns gegeben. Und es war eine virtuelle Veranstaltung und ich muss sagen, als sie diese Kritik geäußert hat, dass queere Familienmodelle bei uns keinen Raum haben offenbar einen Programmangeboten. Da ist der Chat explodiert in der Schalte, weil es kaum wirklich von den Redakteur*innen so viele Formate. Ich glaube rund 20 war es, in denen genau solche Familienmodelle ganz nebenbei als Normalität miterzählt werden. Das sind Filme gewesen wie „Ein Känguru wie du“ oder „Super Jack und Bruder Langohr“. Serien, die wir im letzten Jahr produziert, haben wie „Abgetaucht!“. Da gibt es eine Mutter, die eine neue Partnerin hat oder eben auch Dokumentation wie „Schau in meine Welt!“, wo auch solche Lebenswelten präsentiert werden. Das Problem ist -
Inka Kiwit: Danach hätte ich jetzt auch gefragt. Ja, okay.
Daniel Seiler: Das Problem ist, dass solche Formate eben offenbar nicht gefunden werden und das ist natürlich dramatisch. Aber es zeigt auch genau den Spagat. Einerseits wünscht man sich ja Normalität, dass es einfach nebenbei miterzählt wird. Andererseits muss es aber auch gefunden werden, wenn das Interesse da ist. Und ich glaube, das ist eine Baustelle, die wir im Haus uns jetzt näher angucken müssen. Und da müssen Lösungen gefunden werden, die zum einen in der Redaktion liegen, aber auch in der Distribution sowie in der technischen Umsetzung, wenn es um Suche geht.
Inka Kiwit: Okay, dafür müssen noch Lösungen gefunden werden. Vielleicht können wir jetzt hier im Kleinen dazu beitragen, dass die Formate und Angebote besser gefunden werden, dem wir über sie sprechen und sie auch nennen. Aktuelle Projekte und erfolgreiche Formate. Du hast es vorhin schon gesagt - unter KiKANiNCHEN für alle wird sprachliche Vielfalt schon für Vorschulkinder zugänglich gemacht. Aber wir haben ja noch viel mehr erfolgreich und diverse Angebote, Daniel.
Daniel Seiler: Genau, die Serie „Gong!“ habe ich ja eben schon erwähnt. Jetzt ganz aktuell. Im Oktober startet in der Checker-Welt die neue Checkerin Marina. Das heißt, dass auch dort künftig eine Frau mitcheckt. Wir haben in diesem Sommer des Rap-Musical „Juli tanzt“ vom ZDF gezeigt. Da geht es um Bodypositivity und Selbstakzeptanz. Und ein Bereich, der uns auch sehr am Herzen liegt, das Thema Barrierearmut. Da sind wir zwar wie zum Beispiel gerade auch dran, mithilfe von KI zu schauen: Wie können wir mehr Angebote in Audiodeskription oder Gebärdensprache anbieten? Wir erweitern unser Untertitelangebot auch auf Vorschulangebote. Das dort auch Eltern oder Erwachsene mit mehr dran teilhaben können und glaube, das sind schon mal ganz gute Erfolge, die zeigen, dass wir das Thema wirklich ernst nehmen.
Inka Kiwit: Audiodeskription, vielleicht können wir es noch einmal sagen. Wie finde ich unsere Audiodeskription-Formate?
Daniel Seiler: Es ist glaube ich gar nicht so schwierig. Entweder im KiKA-Player, da sind die alle gebündelt in einer Welt oder auf kika.de, auf der Videoseite gibt es auch eine Bündelung. Und auf der ganzen kika.de sind alle Videos auch gekennzeichnet mit einem kleinen Symbol für die es Untertitel, Audiodeskription oder Gebärdensprache gibt.
Inka Kiwit: Sehr gut. Ich würde gerne mit dir auch über die Ansprachen unserer Zielgruppen reden, vor allem wenn es um inklusive Ansprachen geht. Wollen Kinder, das? Gibt es, hast du Informationen und Belege, dass Kinder sich eine inklusive Ansprache wünschen?
Daniel Seiler: Da sprichst du ein Thema an, das ist wirklich ein extrem aufgeladenes Thema. Und wir haben uns 2021 das Thema intensiver vorgenommen und haben gesagt: Wir wollen gerne die Debatte nicht so emotional, wie sie in Gesellschaft oder in Medien geführt wird, bei uns betrachten. Sondern wir wollen das gern auf eine Sachebene bringen und haben deshalb eine quantitative Studie mit 800 Kindern zwischen sechs und 13 Jahren durchgeführt, um genau zu gucken - Was kennen Kinder überhaupt? Was verstehen Sie? Und was wollen Sie? Und auch hier wäre das Thema Partizipation einfach, was uns da wichtig ist. Nicht über die Zielgruppe zu bestimmen, sondern mit ihnen gemeinsam zu schauen, wie sie zu dem Thema stehen. Und die Ergebnisse sind tatsächlich sehr eindeutig gewesen. Vielleicht als erster Fakt. Es gibt kein explizites Problembewusstsein für das Thema geschlechts- oder gendersensible Adressierung zwischen sechs und 13 Jahren. Es herrscht eine hohe Zufriedenheit mit all den Ansprachen, die es da gibt. Sie erleben in ihrem Alltag sowohl das generische Maskulinum also Beispiel „Liebe Schüler“. Sie erleben Paarformeln wie „Liebe Schülerinnen und Schüler“. Sie erleben den Gender-Gap „Liebe Schüler_innen“ und sie erleben aber auch zum Beispiel, dass sie alle persönlich angesprochen werden. Was natürlich ganz spannend ist. In der Schulklasse, zum Beispiel mit 20 Kindern, wenn jeder Name persönlich genannt wird. Was wir aber sehen ist, je älter die Kinder werden, um so feinfühliger werden sie. Und umso wichtiger wird das Thema, gerade für Mädchen, das sie wirklich explizit angesprochen werden wollen. Das heißt so in dem Alter von zehn bis elf Jahren setzt da wirklich ein Problembewusstsein ein, dass eine explizite Ansprache stattfinden sollte. Ob es dann mit der Paarform oder mit dem Gender-Gap sein muss, das gibt es keine so richtig eindeutige Position für. Wichtig ist eben, dass es eine vielfältige Ansprache erstmal ist. Das nehmen wir so ein bisschen als Maxime für unser Handeln. Das heißt, wir sehen, dass eine inklusive Ansprache wichtig ist, das wollen wir auch in unseren Formaten durchführen. Wir gucken immer, dass es zumindest eine Beidnennung gibt. Bei den Formaten wirklich für die Allerältesten ist durchaus auch möglich, dass der mal in eine andere Form wechseln. Aber wir sehen natürlich auch, dass das Thema weiter intensiv diskutiert wird. Und wir wollen die Studie deshalb auch fortführen und in den nächsten Jahren wiederholen, um zu gucken, wie verändert sich diese Wahrnehmung und dann auch unsere Leitlinien weiter hinterfragen.
Inka Kiwit: In den kommenden Jahren. Das ist ein gutes Stichwort für mich. Daniel, wie siehst du denn die Zukunft bei KiKA? Glaubst du, dass unser Diversitätsmanagement irgendwann vielleicht überflüssig sein könnte bei KiKA?
Daniel Seiler: Das glaube ich nicht. Wenn ich mir angucke, wie sich Gesellschaft immer weiter verändert. Da wird es immer notwendig sein, sensibel zu sein, diesen Wandel zu betrachten, sich Eindrücke und Impulse zu holen, welche Gruppen auch ein Platz in der Gesellschaft oder in der Mitte der Gesellschaft einfordern. Und entsprechend auch immer wieder zu hinterfragen. Haben wir wirklich noch alle gesellschaftlichen Gruppen im Blick? Gibt das Entwicklungen, die wir vielleicht noch nicht so auf den Schirm haben? Das glaube ich, wird immer eine Aufgabe in der Redaktion sein. Und für uns als Medienanbieter sein. Zu schauen wie vielfältig wir wirklich sind und ich bin mir ziemlich sicher, dass diese Aufgabe bleiben wird.
Inka Kiwit: Sagt Daniel Seiler, Redakteur bei KiKA. Der sich um das Themenfeld Diversität kümmert. Vielen lieben Dank für das Gespräch Daniel.
Daniel Seiler: Danke dir.
Inka Kiwit: Ich finde, es ist in diesem Gespräch sehr deutlich geworden, warum Diversität und Vielfalt so wichtig in unseren Angeboten sind und auf keinen Fall Nebensache sein dürfen. Alle gesellschaftlichen Gruppen im Blick zu haben und repräsentativ abzubilden, das bleibt eine wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe für uns als Medienschaffende. Und das nicht nur bei KiKA. Ein kleines Zitat: „Diversität ist kein Schalter, den man drücken kann. Es ist ein Prozess.“ Das hat Dr. Maria Furtwängler in unserer Podcastreihe Generation Alpha schon gesagt. Und dieser Prozess, der wird bei KiKA gelebt. Lassen Sie uns kurz einen Blick auf unsere nächsten Folgen bei „Triff KiKA“ werfen. Da sprechen wir unter anderem über die enorm wichtige Rolle von Medienkompetenz in Kindermedien. Und wir reden auch über das Thema Nachhaltigkeit bei KiKA. Und wenn sie nicht schon längst in der ARD-Audiothek sind und diese Folge dort hören, dann finden Sie uns auch überall dort, wo es Podcasts zu hören gibt. Haben Sie Fragen? Haben Sie Feedback oder Anmerkungen? Schreiben Sie uns sehr gerne einen Kommentar direkt unter diesem Podcast oder auch eine Nachricht über den Kontakt-Button auf unserem KiKA-Kommunikationsportal. Es ist wirklich so, wir freuen uns immer von ihnen zu lesen. Und wenn sie die Transkripte zu unseren Folgen suchen, die gibt es auch im besagten Kommunikationsportal. Ganz einfach unter kommunikation.kika.de. Also bis zum nächsten Mal. Machen Sie es gut.
[Outro] Triff KiKA - Werkstattgespräche