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Transkript zu Episode 9: „Es geht darum, genau hinzuhören, welchen Content unsere Nutzenden wirklich suchen.“

Carsten Schulte, Leiter der KiKA-Content-Koordination, im Gespräch mit Inka Kiwit über die Funktion und Relevanz der Kuratierung von Inhalten. Sie sprechen darüber, wie man Inhalte auf die KiKA-Plattformen bringt, auf denen Kinder sie wirklich sehen wollen, welche Bedeutung die verschiedenen Ausspielwege haben und welche Content-Strategien KiKA verfolgt.

Inka Kiwit: Hallo aus der KiKA-Werkstatt. Hier treffen Sie auf die kreativen Köpfe hinter unseren Angeboten bei KiKA. Ich bin Inka Kiwit, Redakteurin und Podcast-Moderatorin, wie schön, dass Sie dabei sind. In dieser Folge geht es um ein weiteres Herzstück unserer täglichen Arbeit. Es geht nämlich um die Content-Koordination. Hier wird sichergestellt, dass alle KiKA-Angebote genau dort landen, wo sie zu sehen sein sollen, im Linearen sowie im Nonlinearen. Wie das funktioniert, was dabei zu beachten ist und was für Prozesse dahinter stecken, das erfahren Sie in dieser Folge von dem, so würde ich Ihnen jetzt gerne nennen, dem Dirigenten der Content-Koordination aus erster Hand, nämlich, von Carsten Schulte. Er ist der Leiter der Content-Koordination bei KiKA und ist seit vielen Jahren dabei. Also rein ins KiKA-Werkstattgespräch

Inka Kiwit: Hallo Carsten, schön, dass du da bist.

Carsten Schulte: Hallo Inka.

Inka Kiwit: Ich habe dich eben, Carsten, als Dirigenten der Content-Koordination angekündigt. Fühlst du das, den Dirigenten? Orchestrierst du quasi den ganzen Tag KiKA-Content?

Carsten Schulte: Mein Musiklehrer würde, glaube ich, die Wand hochgehen, so unmusikalisch wie ich bin. Aber ja, der Vergleich ist naheliegend, genau. Weil ich bezeichne uns eher so ein bisschen, in der Content-Koordination, als die Spinne im Netz, wo alle Fäden zusammenlaufen, an denen wir mal ziehen oder gezogen werden. Aber das Dirigentenbild ist es auch ganz schön.

Inka Kiwit: KiKA, Carsten, wird ja ganz oft als die ganze Welt der Kinder beschrieben. Was macht denn KiKA für dich persönlich zu einem besonderen Ort?

Carsten Schulte: Es ist ein besonderer Ort, weil wir tatsächlich ja für Kinder drei bis 13 ein Vollprogramm anbieten. Also von unterhaltend, spaßig, wo man sich wirklich relaxed zurücklehnen kann, bis hin zu anspruchsvollen Dokumentation und Informationsprogramm gibt es einfach für jede Kinderzielgruppe etwas. Und aus Erwachsenenperspektive bietet KiKA einfach geschützte Räume, wo ich weiß, da kann ich ohne Einflüsse von Werbung oder irgendwelchen anderen Zielen, die ich mit dem Content verfolge, dort einfach meine Kinder sich selber beschäftigen lassen. Das ist einfach das, was mir an KiKA Spaß macht. Wir können einfach Dinge ausprobieren, die vielleicht kommerzielle Wettbewerber nicht anbieten können, weil wir nicht unbedingt jetzt unter einem hohen wirtschaftlichen Druck stehen und Erfolg auf Teufel komm raus produzieren müssten

Inka Kiwit: Ich habe das schon mal einer anderen Folge auch so gesagt: KiKA ist ein Safe-Space. Würdest du das auch unterschreiben?

Carsten Schulte: Auf jeden Fall, ja. Ich glaube, dass auch ein ganz wichtiges Alleinstellungsmerkmal für KiKA.

Inka Kiwit: Ich würde gern mal an der Basis bei dem Thema heute anfangen, erklärt doch gerne mal ganz kurz, was genau unter Content-Koordination zu verstehen ist, welche Plattformen auch dazugehören und was du als Content-Koordinator ganz genau machst bei KiKA.

Carsten Schulte: Also Content-Koordination ist das, was man ursprünglich mal als TV-Programmplaner bezeichnet hat, als wir nur wirklich dieses Röhrengerät hatten und das einen linearen TV-Kanal gab. Inzwischen hat sich die Welt hier weitergedreht. Wir haben verschiedene Nonlineare oder digitale Plattformen, kika.de, den KiKA-Player, die KiKANiNCHEN-App. Wir haben Auftritte in der ARD-Mediathek, in der ZDFmediathek, wir haben zwei YouTube-Kanäle. Und das ist eben wie du vorhin schonmal sagtest, das könnte man mit einem Orchester vergleichen. Und es gibt verschiedene Instrumente, Instrumentengruppen und die Aufgabe der CoKo, meine Aufgabe ist, dass alle Instrumente ihre Partitur haben, uns spielen können. Das heißt, jeder Content muss auf der Plattform zu finden sein, auf der die Kinder unterwegs sind. Im linearen nochmal ein bisschen ausgesteuert, nach Uhrzeiten, Tageszeiten, das ist eben unsere Aufgabe, den Content, die Inhalte, die Sendung hat man früher gesagt, dorthin zu bringen, wo Kinder sie gerne sehen möchten.

Inka Kiwit: Um mal in dieser Metapher des Orchesters zu bleiben. Wer spielt denn da die erste Geige bei den Plattformen? Oder ist das alles quasi wirklich das Orchester, was zusammen agiert?

Carsten Schulte: Das ist das Orchester was zusammen agiert. Es gibt ja mal Diskussion „Ist das alte Fernsehen tot und gibt es jetzt nur noch Leute, die nur noch online nutzen?“ Beides hat seine Berechtigung. Gerade bei Kindern wissen wir, dass es die Gruppen, die ausschließlich online Medien konsumieren, so gar nicht gibt, sondern es ist immer ein „sowohl als auch“. Ich hatte letztens mit einer Kindergruppe gesprochen, die sagten ja, lineares Fernsehen ist schon wichtig für sie, auch weil das nicht zu ihrer täglichen Mediennutzungszeit gehört, sondern sie können auf Tablets, Smartphone alleine gucken und haben eine bestimmte Zeit am Tag zur Verfügung. Fernsehen ist was Anderes. Da kommt dann vielleicht auch die Familie zusammen und schaut gemeinsam etwas. Das heißt alle Plattformen haben ihre unterschiedlichen Nutzungsszenarien und eine KiKA-Player App hat genauso gut die Existenzberechtigung wie auch lineares TV.

Inka Kiwit: Du kuratierst ja, du wählst aus, du begleitest die Auswahl des KiKA-Contents. Und da gibt es eine klare KiKA-Content-Strategie in der Content-Koordination. Wie spiegelt sich das denn genau in der Planung wieder? Was berücksichtigt ihr alles, wenn ihr Content plant?

Carsten Schulte: Also es ist sehr unterschiedlich. Wenn wir das lineare TV planen, gucken wir natürlich nach Tageszeiten, an welchen Tageszeiten ist welche Zielgruppe von Kindern vielleicht vertreten. Am Vormittag sind es vielleicht eher Kinder im Kindergarten, im Kita-Alter, am Nachmittag eher Kinder, die aus der Schule kommen, die wir auch mit Programmen bedienen wollen, je später der Abend wird, desto älter wird auch die Zielgruppe bis hin zu den zehn bis 13-Jährigen. Das sind eben Dinge, die wir berücksichtigen für viele TV-Plattformen, zu schauen auch wenn jemand aus der Schule kommt, möchte das Kind nicht unbedingt gleich mit Wissenssendungen zugeballert werden, sondern sucht erst mal vielleicht Entspannung. Das ist so ein bisschen so, die Spiegelung des Tagesablaufs im linearen Programm. Und dann natürlich zu schauen, dass wir eine Ausgewogenheit haben zwischen unseren Genres, zwischen unseren Themen Wissen, Bildung, Beratung, auf der einen Seite, aber auch Unterhaltung. Dinge, die zu Meinungs-/Geschmacksbildung beitragen. Das heißt, wir werden nicht in jeder Stunde immer das komplette, die komplette Vielfalt des öffentlich-rechtlichen Kinderfernsehens abbilden, aber über einen Tages-und Wochenverlauf eben dafür sorgen, dass jetzt beispielsweise nicht nur Trickserien, die nur Spaß beinhalten, laufen, dass wir da eine Ausgewogenheit haben. Bei den digitalen Plattformen ist ein bisschen anders. Da gibt es ja keine bestimmten Tageszeiten, die man berücksichtigen müsste. Erfahrungsgemäß ist es so, dass Kinder natürlich nach der Schule dann stärker darauf zugreifen, auf ihr Tablett, auf ihr Smartphone, auf Mediathek als jetzt am Vormittag. Am Wochenende ist die Nutzung größer als an Wochentagen. Das heißt, wenn wir neue Formate, neuen Content haben, schauen wir auch, dass wir die dann eher zum Ende der Woche neu platzieren auf den Startzeiten, weil wir wissen, dass die Nutzung höher, die Aufmerksamkeit größer, dass Kinder das dann er wahrnehmen. Und wir versuchen auch immer unterschiedliche Angebote, vielleicht nach Themen sortiert, zusammenzubringen, haben wir beispielsweise, wie jetzt gerade bei KiKA „Dein Song“ als Musikformat, setzten wir vielleicht noch andere Musikformate, in denen es um Singen und Tanzen geht noch dazu, dass man sieht, okay, es gibt nicht nur ein Format, was sich mit Musik beschäftigt, sondern es gibt auch mehrere Formate. Das sind so Kuratierungs-Angebote, die wir machen.

Inka Kiwit: Du hast jetzt ganz oft schon die Altersgruppen erwähnt und da gibt es ja ganz klare Unterschiede, wie diese Altersgruppen KiKA nutzen. Kannst du vielleicht darauf mal ganz kurz eingehen und erklären, wie das eure Content-Koordination beeinflusst, das nochmal genauer ins Bild rücken, worauf wir da achtet?

Carsten Schulte: Also bei jüngeren Kindern ist das so, dass sie vielleicht nicht so, also bei jüngeren Kindern spreche ich von Vorschulkindern, sicherlich noch nicht so Autonom und selbständig Medien nutzen können, dürfen, wie das die Älteren machen. Das heißt da haben wir auch geschützte Räume, wo man vielleicht auf der KiKANiNCHEN-App, dann spielerisch mit Inhalten umgeht und dort seine ersten Filme und Serien findet. Das heißt, wir schauen auch im linearen Programm, wenn Kinder dort alleine gucken, dass wir auch kleine Umschaltpunkte einbauen, dass man jetzt nicht sagt okay, wir zwingen jetzt die Kinder vor den Fernseher und sie müssen jetzt die drei Stunden Vorschulprogramm schauen, sofern jetzt nicht ein Erwachsener oder Erziehungsberechtigter dabei sein könnte. Für zunehmendem Alter ist es natürlich so, dass Grundschulkinder oder Preteens das autonomer entscheiden können. Vermutlich dann, so kennen wir es aus Familien, eine bestimmte Zeit zur Verfügung haben, die sie Nutzen können am Tag. Im Linearen ist es ja eher ein bisschen die Lean-Back-Situation, wo man sich einfach berieseln lässt. Im Digitalen muss man natürlich seine Angebote suchen und dann auch eben finden. Und da versuchen wir natürlich das, was ohnehin bekannt beliebt ist, auch immer zu kombinieren mit Dingen, die vielleicht noch nicht so bekannt sind, um auch dort Zielgruppen heranzuführen an neue Programme, die Premieren haben, noch nicht so im Markt bekannt sind.

Inka Kiwit: Wie sorgt ihr denn dafür, also du, dein Team, dass die Inhalte zu den verschiedenen Altersgruppen passen, wo bekommt ihr denn eure Infos her?

Carsten Schulte: Also zum einen kennen wir recht genau die Entwicklungspsychologischen Stufen von Kindern und wissen, welche Themen wir zu welchem Alter anbieten können. Wir arbeiten eng mit der Medienforschung zusammen. Das heißt, wir schauen nicht nur auf die Zahlen, wie gut welche Sendung funktioniert, sondern wir führen auch immer wieder qualitative Analysen durch, wo tatsächlich Programm entweder das, was schon bekannt ist, noch einmal getestet wird an Kindern oder eben auch neue Programme, bevor sie dann veröffentlicht, werden, Piloten mit Kindern angeschaut werden und sie befragt werden, dieses Feedback holen wir uns ein. Oder wir bekommen auch vom Publikumsservice viele Zuschriften nach wie vor, wo wir nicht nur Wünsche nach Sendungen benannt bekommen, „Zeigt doch endlich mal wieder den „Biene Maja“-Film“ oder andere Dinge, sondern wo auch durchaus Sendekritik enthalten ist, nicht nur von Erwachsenen, die schreiben natürlich schneller als ein Kind, aber auch von Kindern. Also das heißt da bekommen wir auch so die Schwingung mit, was Kinder interessiert. Und wir haben natürlich jeden Tag auch viele Kinder, die KiKA besuchen, wo wir ein Ohr an der Zielgruppe haben und mitkriegen, was Schulhof-Themen sind, was sind die Themen des Alltags, die Kinder interessieren?

Inka Kiwit: Kannst du vielleicht mal so ein ganz konkretes Beispiel nennen, also wie du genau kuratierst? Hast du so mal so ein so ein Hands-On-Beispiel für uns?

Carsten Schulte: Also man versucht natürlich, bei der Art und Weise, wie wir Content an die Kinder heranbringen oder präsentieren so ein bisschen das Nutzungsverhalten natürlich zum einen zu beachten. Wenn wir merken gerade auf den digitalen Ausspielwegen ist es jetzt nicht angesagt mit Neunzigminütern oder Sechzigminütern zu arbeiten, weil die Kinder eben nicht so viel Zeit haben, gehen wir auch durchaus hin Content den wir jetzt haben neu zu konfektionieren. Also vielleicht noch einmal ein bisschen zu konzentrieren, sodass durchaus aus einem Neunzigminüter denn auch eine 45-minütige Fassung entstehen kann. Probieren wir gerade bei unserer Doku-Reihe „Schnitzeljagd“ aus, um zu sagen okay, für eine TV-Fassung gibt es vielleicht mehrere Folgen, aber für eine Fassung, die man nur im KiKA-Player oder auf kika.de anguckt, da brauchen wir kleinere Einheiten, weil es ziemlich anstrengend sein kann, auf dem Smartphone einen 90 Minuten Film anzuschauen, sowas machen wir beispielsweise. Oder wir haben vor einiger Zeit angefangen, zu „Dein Song“ nicht nur die Hauptsendung, die es gibt, den Gesangswettbewerb zu zeigen, sondern es gab auch eine Reihe von Radio Bremen, wo es eben darum geht, wo prominente Künstlerinnen und Künstler ihre Songs vorstellen und quasi noch einmal die Machart, wie sie die Entstehungsart, wie sie auf den Text, auf den Song gekommen sind, präsentieren. Und wir stellen das dann neben dem Wettbewerb, wo eben Kinder Songs komponieren. Nicht, um es zu konkurrieren, einfach um die Welt zu erweitern, zu sagen „Okay, wenn du dich für dieses Thema Musik und Songwriting interessierst, haben wir noch ein weiteres Angebot, dann dazu.“ So versuchen wir, kleine Welten zu bauen, einfach einen Main-Content zu haben und auch noch kleinere Formate dazuzustellen, die das Thema einfach erweitern.

Inka Kiwit: Scheint ja auch eine ziemlich große Herausforderung zu sein, diese kleinen Welten auf allen Plattformen dann noch abzubilden und das auch wirklich zu koordinieren. Wie sind die bei KiKA positioniert und wie ergänzen die sich gegenseitig? Wie spielen diese Plattformen zusammen, aus deiner Sicht als CoKo-Leiter? CoKo ist heute auch das Wort, was ich von dir übernehme.

Carsten Schulte: Genau das ist zweimal wieder erklärungsbedürftig. CoKo, manche denken an Coco Chanel, aber wir können gerne bei CoKo bleibe. Ich klammere mal das lineare TV aus, das ist ja irgendwie selbsterklärend. Da haben wir zwei Angebote für die Vorschulkinder und deren Eltern, kikaninchen.de und die KiKANiNCHEN-App. Das ist eher so ein bisschen der spielerische Angang, um überhaupt mit dem Medium Computer als Hardware, aber auch eben mit Mediatheken und mit Homepages und Apps in Berührung zu kommen. Das ist so ein spielerischer Ansatz, wo ich viel mich ausprobieren kann und auch dann tatsächlich auch Filme und Serien anschauen kann. Das ist das eine, da steht dann das Bewegtbild gar nicht so sehr im Vordergrund, sondern so insgesamt die KiKANiNCHEN-Welt, wie man sie aus dem Fernsehen kennt, mit KiKANiNCHEN und den beiden Moderatoren. Dann haben wir als Unterschied dazu für die älteren Zielgruppen aber auch das Gesamtangebot abgebildet. Das ist kika.de, als stationäres Angebot, wo es neben den Bewegtbild also neben Videos eben auch Spiele, Zusatzinformationen gibt, wo wir Welten bauen können, Wissensbildung, beispielsweise „KiKA – besser.wissen.“ findet da auch Heimat, wo wir wirklich unsere Wissensangebote gebündelt haben. Es gibt noch mal einen Bereich KiKA-Doku, wo die Doku Angebote mit „Schau in meine Welt!“ und „stark!“ gebündelt sind. Das heißt da auf so einer Plattform haben wir stärker die Möglichkeit auch thematisch zu bündeln und zu einem Main-Content, also zu einer Sendung, noch kleinere Content-Einheiten also noch Making-Of-Material, Videoausschnitte von Künstlerinnen und Künstlern, die in der Sendung auftreten, noch danebenzustellen. Das ist eine große oder breitgefächerte Plattform. Dann haben wir noch als eigene Plattform den KiKA-Player, als App und im HbbTV. Das ist tatsächlich der schnellste und unmittelbarste Zugang zum Content für Kinder, die autark mobile Plattformen beispielsweise benutzen. Da gibt es dann ohne viel drumherum tatsächlich dann den Main-Content. Den Film, die Serie, die Folge, die ich vielleicht gucken möchte, die ich mir mobil einfach auf dem Smartphone, Tablet anschauen kann oder eben auch einen großen Screen im HbbTV. Das heißt, das sind die großen Unterschiede. Dann haben wir noch zwei Youtube-Kanäle, einmal für die Jüngeren und deren Eltern ein KiKANiNCHEN-YouTube-Kanal, wo neben dem Content den ich von anderen Plattform kenne, auch noch mal YouTube spezifischere Angebote platziert sind, die sich eher an die Eltern richten und dann eben ein YouTube-KiKA-Kanal, wo ich auch ausgewählte Programme finde.

Inka Kiwit: Wie läuft das denn bei der Auswahl und Bündelung von Themen bei euch ab? Wie entscheidet ihr, was wann und wo läuft?

Carsten Schulte: Also da gibt es verschiedene Impulse. Einmal gibt es Impulse, wo wir selber Themen setzen, weil wir sagen ein bestimmter Content ist zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig, den möchten wir gerne veröffentlichten. Manchmal passt es auch zu einer Jahreszeit. Klar eine Weihnachtsserie, einen Weihnachtsfilm würde man automatisch natürlich irgendwie in der Vorweihnachtszeit setzen. Es gibt Themen, die wir ableiten aus, ich sag mal einem Jahreskalender, es gibt den Tag der Umwelt, es gibt den Tag des Wassers, es gibt vielleicht den Tag der Verkehrssicherheit, wo wir überlegen, welche Themen, die es gibt, gesellschaftlich sind sehr interessant für Kinder, welche davon können wir vielleicht auch mal einen bestimmten Jubiläumstag, ein Jahrestag noch einmal setzen, weil das Thema dann ohnehin in der Öffentlichkeit eine besondere Aufmerksamkeit hat und das nutzen wir dann auch, um unsere Themen zu transportieren. Oder wir entscheiden völlig frei davon und sagen okay, das Thema Gewässerschutz ist uns so wichtig, beispielsweise. Da ist es uns dann vielleicht auch ein bisschen egal, ob es einen bestimmten Tag gibt, sondern wir setzen das Thema einfach zu einem bestimmten Zeitpunkt. So etwas gibt es auch. Und natürlich die großen Themen Weihnachten, Ostern, Feiertage das sind die Themen natürlich, an dem wir auch immer saisonal bestimmte Programme bündeln.

Inka Kiwit: Und wie sorgt er dafür, dass da bei KiKA ein Gleichgewicht ist? Habt ihr da, weiß ich nicht, habt ihr eine riesige Excel-Tabelle in Content-Kalender, was es was ist eure Strategie, euer Planer?

Carsten Schulte: Wir haben tatsächlich einen riesigen Jahresüberblick, eine Uhr und wir stimmen zusammen mit unseren Partnerinnen und Partnern von ARD und ZDF ab, wer vielleicht zu bestimmten Themen schon Inhalte, Sendungen hat oder zu welchen Themen wir gemeinschaftlich neue Sendungen produzieren wollen, neu bündeln wollen, uns dort abstimmen, dass dann ein Thema vielleicht aus unterschiedlichen Perspektiven oder Ansätzen beleuchtet wird. Das wir jetzt nicht ein Thema mehrfach besetzt haben, sondern vielleicht auch ein Thema in verschiedene Aspekte und verschiedenen Sendungen aufteilen. Das kann vielleicht mal ein Tag sein, das kann ein Wochenende sein, an dem wir an Themenakzent setzen. Das kann auch vielleicht mal eine ganze Woche tatsächlich sein, wo auf unterschiedlichen Programmplätzen im linearen TV Angebote zu einem Thema stattfinden. Oder eben auch, vielleicht sind es auch Themenakzente, die wir setzen, die im Online-Bereich stattfinden. Also da gibt es die unterschiedlichsten Formen an die man denken kann. Und das ist eine gemeinschaftliche Aktion von ARD, ZDF und KiKA in Erfurt.

Inka Kiwit: Und wie messt ihr eure, ich sag mal in Anführungszeichen „Erfolge“? Habt ihr, setzt ihr euch KPIs oder also messt ihr den Erfolg, ob eure Planung quasi geklappt hat?

Carsten Schulte: Erfolgsmessung ist ganz wichtiges Thema. Also wir setzen uns Ziele, so wie die Zugriffszahlen auf den anderen Plattformen als auch linearen TV. Es gibt natürlich auch ein bisschen weichere Ziele. Wo wir sagen okay, das Thema, ist uns so wichtig, da sind wir jetzt nicht zum Erfolg verdammt im Sinne von Zuschauerzahlen. Da ist es uns wichtig, dass ein Thema vielleicht eine gewisse Aufmerksamkeit bekommt. Aufmerksamkeit in der Presse. Das ist auch wichtig, dass es vielleicht auch Themen sind, die in der Erwachsenenpresse wahrgenommen werden, weil es Kinderthemen sind, die uns am Herzen liegen. Oder wo KiKA eben auch mit Themen verbunden wird und man sagt okay, tritt KiKA vielleicht für besondere Aspekte oder Rechte von Kindern ein und macht darauf aufmerksam. Es ist eine Mischung aus beidem. Also wir sind nicht nur darauf fokussiert, tatsächlich auf die blanken Zahlen, sondern uns sind auch andere, weichere Erfolgsparameter wichtig.

Inka Kiwit: Und wie reagiert ihr, wenn ihr merkt, dass ein Thema oder ein Format, was ihr gesetzt hat, nicht so gut ankommt wie erwartet, was passiert dann?

Carsten Schulte: Da sind wir schon sehr sensibel und schauen, wie klafft es auseinander? Beispielsweise ein Thema ist redaktionell, inhaltlich sehr wichtig. Kommt bei den Zuschauern dann überhaupt nicht an, liegt es daran, dass das Thema vielleicht überhaupt gar nicht eine Relevanz hat für Kinder in dem Alter. Lagen wir vielleicht daneben und es passt nicht zu deren Themenkanon oder war vielleicht die Machart wie etwas ist, die Dramaturgie einer Sendung nicht so attraktiv, dass Kinder eingeschaltet haben oder das Thema in einer Mediathek gefunden oder ausgewählt haben? Oder war es vielleicht nicht auffindbar genug? Waren vielleicht Teaser-Bilder, mit denen ein Format in der Mediathek gesetzt ist? Vielleicht nicht attraktiv genug war ein Titel nicht eindeutig genug. Also gehen wir schon sehr tief in die Analyse und sagen nicht die anderen sind schuld, wenn sie unseren Inhalt nicht gefunden haben, sondern sind auch sehr selbstkritisch.

Inka Kiwit: Gibt es denn das, was du dir als Content-Planer von Kolleginnen wie mir zum Beispiel aus den Redaktionen, die, die also Content erstellen wünschst?

Carsten Schulte: Ja, das ist aber nicht mein Wunsch. Ich glaube, da bin ich nur Sprachrohr der Nutzenden, der Zuschauenden, sozusagen. Ich glaube Zeiten, das machen wir auch gar nicht, wo man als Redakteurin oder Redakteur sagt ich mache Film XY, weil ich das immer schon mal machen wollte, ich denke, das ist vorbei. Es geht immer darum, sich zu überlegen oder genau hinzuhören, was möchten denn die Zuschauenden, die Nutzenden dann eigentlich haben? Welche Längen, welche Inhalte sind interessant? Ich glaube, da muss man genau hinhören, genau hinschauen, als Kreative und auch genau wissen für wen mache ich einen Content. Also ein Film kann nicht funktionieren, wenn man sagt, ich habe da an Kinder von vier bis 14 gedacht. Ein 14-jähriges Mädchen hat jetzt nicht so wahnsinnig viel zu tun mit einem vierjährigen Jungen außer sie sind vielleicht Geschwister und tragen den gleichen Namen. Aber ansonsten gibt es natürlich ganz andere Interessenslagen, ganz andere Arten, Inhalte aufnehmen zu können und so weiter. Und als kreative muss man sich, glaube ich, sehr genau überlegen, für wen welches Thema geeignet ist und seine Zielgruppe ganz genau im Blick haben und sie ja auch bestmöglich kennen. Und im besten Fall sollte man schon auch mit im Blick haben, auf welcher Plattform sollte ein Format primär laufen, ist das etwas, sagen wir das ist eine ritualisierende Sendung, die im linearen TV Platz hat. Oder ist das etwas, was auf einem angestammten Sendeplatz beispielsweise läuft, wo es gefunden wird? Oder ist das etwas, was unabhängig von Zeit und Raum einfach auf einer digitalen Plattform läuft? Und da muss ich natürlich dafür sorgen, dass mein Content so attraktiv ist, dass er natürlich in der großen Welt, KiKA ist ja nur einer von vielen Anbietern, einfach attraktiv genug ist und gefunden wird.

Inka Kiwit: Glaubst du denn wir als KiKA brauchen neue Arten von Geschichten? Neuen Content?

Carsten Schulte: Ich glaube nicht, dass wir ganz neue Arten von Content brauchen. Ich glaube, die neuen Themen sind auch die alten Themen bei Kindern. Ich glaube, was wir brauchen, ist Mut vor der Banalität des Alltags. Also man muss nicht immer sich Fantasy Geschichten ausdenken und noch einen und noch einen drauflegen, um zu denken man ist attraktiv für Kinder, sondern ich glaube, Kinder finden es sehr interessant, über den Gartenzaun oder durchs Schlüsselloch zu schauen, um zu gucken, „Wie funktioniert das Leben denn tatsächlich?“ Entweder bei Gleichaltrigen und ein bisschen Älteren oder bei jungen Erwachsenen. Das heißt, Inhalte die sich mit Schulhof oder Kita-Themen beschäftigen – sei es fiktional, non-fiktional – ich glaube, das ist eine große Kraft, wo wir als Öffentlich-rechtliche eine gute Tradition auch haben. Das zu erzählen, wie gesagt, ich glaube nur die Erzählart hat sich vielleicht geändert. Und ich bin auch ein Freund durchaus davon Content, Geschichten, die es schonmal gab, einfach noch mal in die Jetztzeit oder in die Zukunft zu transferieren, da meine ich jetzt nicht Science-Fiction, sondern lass uns doch mal die Erzählung an die neuen Erzählgewohnheiten anpassen. Die Storys sind nach wie vor gut und der Kern einer Geschichte des Themas. Es kommt nur darauf an, vielleicht ein bisschen zügiger im Erzählen zu werden.

Inka Kiwit: Sagt Carsten Schulte, Leiter der Content-Koordination bei KiKA. Vielen Dank für das Gespräch, Carsten.

Carsten Schulte: Sehr gern.

Inka Kiwit: Sorgfältige Auswahl, also. Planung und ausbalancieren, um den Content, das ganze Angebot bei KiKA passend zu orchestrieren. Ich mag unsere „Triff KiKA – Werkstattgespräche“ einfach so gern, weil wir damit so nah an der täglichen Arbeit der Kolleg*innen sind und immer wieder hören, welche und vor allem wie viele Gewerke bei KiKA für unser riesiges Angebot sorgen. Und genau so geht es weiter, denn in der nächsten Folge sprechen wir über DbKD, so jedenfalls die Abkürzung bei uns intern. Hinter dem Kürzel verbirgt sich „Die beste Klasse Deutschlands“, unser großes Schul-Quiz-Format. Wir reden über das Vermitteln von Wissen und über das Mitmachen in diesem Format, was hier eine sehr große Rolle spielt, freue ich mich sehr drauf. Und wenn Sie diese Episode hier gerade nicht in der ARD-Audiothek hören, dann könnten Sie es beim nächsten Mal tun oder einfach überall dort, wo es Podcast zu hören gibt. Wenn Sie Fragen, Feedback oder Themenvorschläge haben, schreiben Sie uns an kommunikation@kika.de. Und wenn sie noch mehr Infos zu KiKA haben wollen, dann finden Sie die im Kommunikationsportal. Auch das finden Sie unter kommunikation.kika.de. Also bis zum nächsten Mal. Machen Sie es gut, tschau.