Diversität

Wir brauchen vielfältige Perspektiven

Ein Gespräch mit Ferda Ataman und Dr. Maria Furtwängler über mehr Diversität – auch in Kindermedien

Wie halten Sie sich bei dem Thema Diversität selbst auf dem Laufenden?

Ferda Ataman: Ich lerne vor allem in Gesprächen mit anderen Initiativen, Aktivist*innen oder Menschen, die sich damit beschäftigen. Mir hilft es, wenn Leute mir ihre Perspektive erklären; wir können uns gegenseitig in Gesprächen freundlich, zugewandt, gegenseitig begegnen und weiterhelfen.

Maria Furtwängler: Mir ist natürlich auch der persönliche Austausch sehr wichtig, ich bin aber auch ein Zahlen-Nerd. Es ist sinnvoll, einem Bauchgefühl Fakten und Zahlen gegenüberzustellen. Zahlen und Fakten sind ein kraftvolles Tool, um bestimmte Missstände und Probleme nüchtern zu betrachten. Es ist kein Allheilmittel, aber es ist etwas, was immer wieder hilft, um eine Diskussion zu objektivieren und eine Handlungsnotwendigkeit o!ensichtlicher zu machen. Frauen stellen die Hälfte der Gesellschaft. Warum kommen wir nicht zur Hälfte vor? Das ist eine subtile Form von Unterdrückung, und es hat für mich noch eine andere Dimension: Ich glaube, dass viele der Probleme, die wir heute haben, nicht mehr von einer größtenteils männlichen, weißen Welt gelöst werden können. Unsere Probleme sind so vielfältig und herausfordernd – um sie anzugehen, brauchen wir vielfältige Perspektiven.

Vor zwei Jahren hat KiKA die „Charta der Vielfalt“ unterzeichnet. Was kann KiKA tun, damit sich die Vielfalt unserer Gesellschaft noch mehr in den Programmangeboten widerspiegelt?

FA: Ich finde, KiKA macht schon einiges richtig. Zum Beispiel die Kindernachrichten „logo!“, da sehe ich viel mehr Diversität, als bei der „Tagesschau“ oder im „heute journal“. Kinder sind oft schon weiter, vieles ist für sie selbstverständlich. In der Arbeitswelt, in der die entscheidenden Personen sitzen, ist das noch nicht der Fall.

MF: Wir sollten uns bewusst machen, dass wir nicht total woke sind, es auch nicht sein müssen oder können. KiKA ist auf dem richtigen Weg, man sieht viel Bewegung. Wenn es darum geht, Expertinnen in die Sendungen zu holen oder die Art, wie Frauenfiguren erzählt werden, besteht noch Nachholbedarf.

FA: Ich würde mir auch wünschen, dass es auch hinter den Kulissen, in den Redaktionen, diverser wird. Es wird vor der Kamera darauf geachtet, dass diverse Menschen zu sehen sind, aber ob das hinter den Schreibtischen der Fall ist, bin ich nicht sicher.

Ein Blick in die Zukunft: Wie sollte Diversität in 25 Jahren gelebt werden?

FA: Ich würde mich freuen, wenn Kinder in 25 Jahren eine Welt vorfinden, in der sie wissen, dass alle die gleichen Chancen haben – egal wie sie heißen, egal wie sie aussehen, egal was ihre Eltern arbeiten. Sie sollten positiv und selbstbewusst in die Welt blicken können. Viele denken, dass das heute schon der Fall ist. Aber es gibt eben viele Kinder und Jugendliche, die wegen ihres Namens, ihres Geschlechts, einer Behinderung oder Sprachbarrieren schwierige Startbedingungen haben. Der Idealzustand wäre, dass solche Hindernisse nicht mehr existieren. Ich glaube, wir sind auf dem Weg dahin, aber es muss noch viel passieren, damit Kinder die gleichen Chancen haben.

MF: Natürlich würde ich mir wünschen, dass die Gleichberechtigung von den Medien verstärkt wird. Auch von der Politik und vom Bildungssystem, das zum Beispiel die Kinderrechte-Konvention der UNO umgesetzt wird. Es kommt natürlich auch darauf an, dass es uns gelingt, die Klima- und Biodiversitätsziele einzuhalten. In Zukunft sollte es keinen Unterschied mehr machen, ob ein Kind in Deutschland geboren ist oder in Indonesien. Aber das ist sicher noch ein sehr weiter Weg.

„Kinder sind da oft schon weiter als die Erwachsenen …“

Diskriminierung und Ausgrenzung beginnt schon im Kindesalter. Welche Maßnahmen wollen Sie in Ihrem Amt als Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung unternehmen, um die Generation Alpha für dieses Thema zu sensibilisieren?

FA: Ich will, dass Kinder keine Diskriminierung erleben müssen! Kinder erfahren Rassismus und Behindertenfeindlichkeit in der Schule, Mobbing wegen eines Coming Outs oder weil sie ein Kopftuch tragen. Sie werden auch wegen ihres Alters benachteiligt, etwa wenn sie nicht in ein Erwachsenenhotel dürfen. Über all das möchte ich sprechen und Wege zeigen, was sich tun lässt. Wir wollen Kinder und Jugendliche auch ermutigen, sich für Respekt und Vielfalt einzusetzen: Dafür gibt es unseren Wettbewerb „fair@school“ gemeinsam mit dem Cornelsen Verlag, der vorbildliche Schulprojekte gegen Diskriminierung auszeichnet.

Ferda Ataman ist Journalistin und Gründungsmitglied des Vereins Neue deutsche Medienmacher*innen. Sie war unter anderem für Spiegel Online, Tagesspiegel und Radio Eins tätig und ist seit 2022 unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung.

Maria Furtwängler ist Schauspielerin und unter anderem aus dem Göttinger Tatort bekannt. Sie ist Mitgründerin der MaLisa Stiftung, mit der sie 2017 eine Studie zur Repräsentation von Frauen und Männern im Film initiierte.