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Transkript zu Episode 11: „Kinder sind schneller bereit zu lernen, wenn sie auch digital lernen können.“ Wie Kinder auch im Digitalen fit für die Zukunft werden, darüber sprechen Steffi Warnatzsch-Abra (KiKA, „Team Timster“) und Michael Mack (Geschäftsführer Europa-Park) mit Host Daniel Fiene.

Bildung und Medien müssen neu gedacht werden, finden Steffi Warnatzsch-Abra und Michael Mack, und sprechen mit Daniel Fiene über digitale Bildung, europäische Plattformen und den Einsatz von KI und VR.

Steffi Warnatzsch-Abra: Also ich würde Lehrerinnen und Lehrern vorschlagen den Schülerinnen und Schülern einfach mal zuzuhören. Also wir haben das einmal erlebt, als wir, auch um mitzubekommen in der vierten Klasse, welche Spiele werden da gespielt? Auf welchen Plattformen sind sie unterwegs? Welchen Influencern folgen die Kinder? Das war so eine angeregte Diskussion mit den Kindern. Die waren sehr offen, haben gesprudelt quasi, was sie am Wochenende tun. Wie lange sie dann halt auch Filme schauen, zocken und so weiter. Und die Lehrerinnen und Lehrer, die standen mit einem offenen Mund da an der Seite und wussten gar nicht, was ihre Schüler da eigentlich tun.

[Intro] „Generation Alpha – Der KiKA-Podcast“

Daniel Fiene: Unser Thema heute: Muss Bildung neu gedacht werden? Da werden Sie bestimmt mit einem kräftigen „Ja“ antworten. Seit Jahren diskutieren wir darüber, wie Bildung durch den Einfluss der Digitalisierung Schritt halten kann, oder noch besser, einen Schritt voraus sein kann. Damit Kinder befähigt werden, im Zusammenspiel zwischen realer und digitaler Welt, die Technik medienkompetent zu benutzen. Aber wenn wir ehrlich sind: Oft geht es doch um die Frage, ob der Internetanschluss an den Schulen schnell genug ist. Aber auch um die Frage, ob es genügend Tablets gibt. Und dann noch die Schwachstellen, die sich während der Corona Pandemie und des Distanzunterrichts ergeben haben. Wir möchten in dieser Episode eine andere Perspektive für diese Diskussion, wie die Bildung der Zukunft aussehen kann, anbieten.

Daniel Fiene: Mein Name ist Daniel Fiene. Willkommen zu dieser neuen Podcast-Episode. Kinder lernen ja nicht nur in der Schule, sondern auch in der Freizeit, beim Spielen, bei gut gemachten Fernsehprogramm oder auch im Freizeitpark. Unsere beiden Gäste haben das gemeinsam. Sie beschäftigen sich damit, wie sie Kinder nicht nur unterhalten können, sondern sie dabei auch fit für die Zukunft machen können. In Sachen Medienkompetenz, aber auch, was das gesellschaftliche Miteinander angeht. Steffi Warnatzsch-Abra ist Redakteurin beim KiKA. Sie verantwortet zum Beispiel „Team Timster“, ein Medienmagazin für Kinder. Wie soll Bildung in 25 Jahren aufgestellt sein? Sie hat uns Ihre Vision mitgebracht.

Steffi Warnatzsch-Abra: Also ich stelle mir vor, dass in 25 Jahren in den Schulen, in die unsere Kinder gehen, also auch an den Grundschulen schon, das Fach Medienkompetenz eingeführt ist. In dem die Kinder sehr praktische Sachen lernen, auch ein bisschen Technik und vor allen Dingen dann auch fächerübergreifende Projekte angehen. Mit Mathe, mit Physik, mit Musik, mit Kunst und da spielerisch mit Medien umgehen lernen. Sachen kreieren, Sachen ausprobieren und dann im Unterricht eigentlich auch schon erfahren: Worauf muss ich achten? Privatsphäre-Einstellungen, wenn es das dann noch braucht und so weiter. Und natürlich, wo sie auch programmieren lernen.

Daniel Fiene: Eine weitere Perspektive kommt von Michael Mack. Er ist geschäftsführender Gesellschafter des „Europa-Park“ in Rust. Darüber hinaus fällt er immer wieder mit seinem Engagement zu digitaler Bildung junger Menschen auf. Sie werden in der Diskussion hören, er bringt ganz andere Aspekte mit ein, die zeigen, wie vielschichtig das Thema Bildung gesehen werden sollte. Also auch abseits von Bildungseinrichtungen. Michael Mack bringt in seiner Vision neben der Medienkompetenz beispielsweise einen gesellschaftlichen Aspekt mit ein, der ihm wichtig ist.

Michael Mack: Na gut. Jetzt kommen wir natürlich mit dem „Europa-Park“, dem Naherholungsgebiet, nicht aus der klassischen Bildung. Wobei wir natürlich auch durch unsere europäische Themenarchitektur sicherlich Kinder beeinflussen können. Europa sehen. So würde ich mich natürlich auch freuen, wenn dieser Ansatz natürlich auch über einen Parkbesuch hinaus auch in den Schulen vermittelt wird, dass eben Europa eine einmalige Chance ist. Ein Friedensprojekt, dass seit vielen Jahren Bestand hat und hoffentlich noch ganz viele Jahre Bestand haben wird. Gerade in der heutigen, aktuellen Zeit ist es auch wichtig, glaube ich, nochmal auf Europa und die Errungenschaften von Europa – ist in der Regel meist immer negativ geprägt – nochmal nach vorne zu stellen. Und im digitalen Bereich, in der digitalen Bildung, in den Schulen hoffentlich auch ganz, ganz viele digitale europäische Plattformen, die nicht alle dann in fester Hand von Chinesen oder Amerikanern sind. Sondern eben eine eigene digitale europäische Identität, die letztendlich nicht nur bei der Technik beginnt, sondern auch bei den Inhalten. Wie Europäer da ein Vorreiter sein können, wie wir unsere Kinder digital auch erziehen wollen. Nicht nur im technischen Sinne, sondern auch im inhaltlichen Sinne. Dann würde mich das freuen, dass auch in vielen Jahren die Gebrüder Grimm oder andere Kulturschätze, die eben Europa so großartig machen, dann auch weiterhin in einer modernen Form an Kinder vermittelt werden. Natürlich muss das dann auch digital sein.

Daniel Fiene: Zu Beginn, da habe ich beide einmal gebeten, mit uns an einem virtuellen Plan für einen eigenen Freizeitpark zu arbeiten. Was müssten wir für Attraktion einplanen, wenn wir, sagen wir mal, einen Generationen-Alpha-Freizeit-Themenpark entwerfen, der für Lehrer*innen und natürlich auch Schüler moderne Bildung vermitteln soll? Mir ist da erst noch ein Grusel-Kabinett der Lehrerkompetenz eingefallen oder eine Achterbahn der Internet-Konnektivität? Der Vorschlag von Steffi Warnatzsch-Abra war gleich konstruktiver.

Steffi Warnatzsch-Abra: Also ich denke dieses Selbermachen. Also, dass ihre User*innen die Gelegenheit bekommen, selber kurze Clips zu machen. Mit, sei es kleinem Legetrick, sei es mit dem Handy, mit TikTok oder Insta-Apps und so weiter. Dass wir mal schauen, was erzählen die? Also können sie das überhaupt - die User - damit umgehen? Und welche Geschichten würden sie erzählen? Und da kann man natürlich dann auch mal aktuelle Themen setzen und da bekommt man, glaube ich, einen ganz guten Rücklauf: Was ist gerade angesagt? Wo sind Probleme? Wo sind vielleicht auch Visionen, Herausforderungen?

Daniel Fiene: Michael Mack, ganz der Geschäftsmann, empfiehlt, dass wir uns gleich am „Europa-Park“ orientieren.

Michael Mack: Ja gut, ich würde da nicht zur Geisterbahn tendieren, sondern in der Tat zu unseren neuen Attraktionen. Es ist einmal das „Voletarium“, wer den „Europa-Park“ kennt, ein multimedialer Flug über Europa mit einer 20 Meter breiten und 17 Meter hohen Leinwand, in die man eben reinfliegt und über Europa dann fliegt natürlich. Und auch bei der Achterbahn muss dann die VR-Brille auch mit dabei sein. Machen wir seit fünf Jahren hier bei uns mit der „Costiality“, dass man eben verschiedene Achterbahnen hier im Freizeitpark auch mit einer VR-Brille fahren kann. Und da ist natürlich auch der Kreativität und der Erzählform keine Grenzen gesetzt, was man da während dieser Achterbahnfahrt in der Brille erzählen kann. Und last but not least würde ich auf jeden Fall noch eine „YULLBE“ in den Freizeitpark installieren. Nämlich ein virtuelles Abenteuer, wo man über die Barrieren des echten Lebens gehen kann. Schrumpfen, klein sein, groß sein kann. Und die Welt mit anderen Augen sieht.

Daniel Fiene: Die Vorschläge nehme ich gerne mit, und damit starten wir direkt in unsere Diskussionen und schauen erst einmal, welche Mängel es heute gibt, die die Visionen der beiden Gäste ausbremsen.

Daniel Fiene: Ja, ich habe kürzlich einen Tweet zur Seite gelegt und da interessiert mich Ihre Meinung. Dort hieß es etwas plakativ: „Warum hat Deutschland das in zwei Jahren Pandemie nicht geschafft, den Unterricht zu digitalisieren. Während zum Start des Ukraine-Kriegs, es das Land geschafft hat, den Unterricht in zwei Wochen zu digitalisieren?“

Steffi Warnatzsch-Abra: Ja, ich finde der Tweet bringt es auf den Punkt, was vor der Pandemie schon ein Problem war, was aber in der Pandemie einfach so sehr mehr als deutlich wurde, dass Deutschland da sehr, sehr hinterherhinkt, was digitalen Unterricht betrifft. Das eine ist da die Technik. Da ist sicherlich inzwischen einiges passiert durch die Pandemie, aber auch noch nicht genügend. Aber vor allen Dingen natürlich auch Inhalte und fitte Lehrer und Lehrerinnen, die mit digitalen Inhalten, die es ja hier und da schon, sei es Apps, sei es auch digitale Unterrichtsbücher, Unterrichtseinheiten, damit umzugehen und die sinnvoll je nach Klasse einzubinden. Also es ist eigentlich gruselig, dass Deutschland da nach wie vor hinten anhängt. Es tut sich ein bisschen was, aber ich glaube auch eher so über, ja zum Beispiel über die Öffentlich-Rechtlichen, die hier und da Angebote liefern. Über private Initiativen, Start-ups, die Apps entwickeln. Aber aus meiner Sicht fehlt da nach wie vor ein Konzept, also jetzt weniger die Technik, da wird sich schon was tun. Aber die Inhalte, die den Schülern dann und auch wirklich helfen, zu lernen, Sachen anzuwenden und sich auch einfach auszuprobieren. Das Schlimme ist natürlich auch, dass gerade in der Pandemie dann natürlich auch bestimmte Gruppen noch weiter abgehängt wurden. In Familien, die es eh schon schwer haben, denen es auch an der Technik fehlt, wo auch die Eltern einfach durch mehrere Jobs und durch Pandemie überfordert wurden. Auch die hängen eigentlich leider dann noch einiges hinterher. Ja und in der Ukraine, wir haben das gehört, wenn es ginge, könnte der Unterricht, könnten die Prüfungen tatsächlich weitergeführt werden. Da sind die Lehrbücher alle digitalisiert. Es gibt da höchstwahrscheinlich Unterrichtskonzepte. Das fehlt leider in Deutschland.

Michael Mack: Die Deutschen sind ja per se, als wenn ich das für unsere Branche einfach mal übersetze oder mir anschaue, ich will nicht sagen Technik-kritisch, aber natürlich irgendwo auch kritisch gegenüber, sage ich mal, Datenschutz, gegen eben auch Sicherheit. Und vielleicht manchmal eben zu Sicherheitsbewusstsein, vielleicht, weil wir ein Ingenieursland sind, die eben Autos bauen, die mit über 200 über die Autobahn fahren können und mit besten Sicherheitssystemen ausgestattet sind. Insofern weiß ich gar nicht, inwieweit doch so ein Maschinenbauland diese trial-and-error-Kultur hat. Vielleicht auch der Amerikaner oder Chinesen, die letztendlich schnell auch wachsen müssen, vielleicht aus einer ganz anderen Situation heraus, wenn man bedenkt, dass Amerika bei weitem nicht versorgt ist. Wenn man bedenkt, dass ein Paketdienst das Filialnetz gar nicht hat. Zalando würde, glaube ich, in Amerika gar nicht so funktionieren. Also diese Notwendigkeit auch viel schneller zu digitalisieren aufgrund der Weite des Landes. Und da ist vielleicht der deutsche Michel ja jemand, der ein bisschen zuschaut. Wie gesagt, wenn man sieht, in der Industrie, dass wir die besten Autos der Welt, glaube ich, bauen und trotzdem ein Tesla uns in vielen Dingen vormacht, wie neue Fahrzeugkonzepte funktionieren. Das hat ja auch relativ lange gedauert, bis die deutsche Automobilindustrie da aufgesprungen ist und gesagt hat: Okay, jetzt können wir diesen Trend nicht mehr rückgängig machen und müssten jetzt halt. Ich glaube das ist ein Stück weit auch in der Bildung die Frage zu sagen: Okay, gibt es europäische Systeme, die dann auch mit den Datenschutz-, sag ich mal, -bedenken, auch sicher genutzt werden können. Also meines Erachtens, da gibt es deutsche und europäische Lösungen. Aber man streitet sich ja immer noch über die Frage, glaube ich in Hochschulräten, ob „Microsoft Teams“ oder „Zoom“ denn den Datenschutzrichtlinien entspricht oder nicht. Und ich glaube, dass es da einfach keine europäische, noch keine europäische Antwort dafür gibt, die Sicherheitskriterien einzuhalten und auch gleichzeitig innovativ zu sein, wie wir das vielleicht im Maschinenbau oder im Autobau jahrhundertelang waren.

Daniel Fiene: Ich glaube ich habe mal ein Zitat von Ihnen gelesen. Da haben Sie gesagt, Herr Mack: „Wir brauchen nicht nur die Ausstattung mit Computern. Wir brauchen auch die entsprechende Ausbildung.“ So nach dem Motto: ein Computerraum in der Schule reicht jetzt auch noch nicht aus.

Michael Mack: Ja, ich glaube, die Digitalisierung ist ja auch ein Prozess. Also ich glaube nicht, dass nur, weil man ein IPhone bedienen kann, dass man deshalb digital ist. Digitalisierung ist ein Prozess, der sicherlich über viele Generationen auch geht. Jetzt natürlich, weil wir ein bisschen überrannt worden sind, auch durch eine Corona-Pandemie letztendlich. Wie gehen wir denn eben um mit einer nationalen Souveränität. Was Informationshoheit betrifft, was Warensysteme betreffen. Nach der schrecklichen Krise dann auch im Ahrtal. Das heißt wir haben da schon bisschen in der Digitalisierung, würde ich sagen, einen Prozess vielleicht zu spät eingeleitet. Was nicht heißt, dass Deutschland den nicht wiedergewinnen kann und aufholen kann. Aber ich glaube wir haben jetzt ein bisschen in ein paar Krisen auch auf den Deckel gekriegt in der Digitalisierung. Und ich hoffe, dass uns das auch ein Stück weit wachgerüttelt hat und vielleicht ging es uns ein Stück weit auch zu gut um da nicht rechtzeitig drauf aufzuspringen.

Daniel Fiene: Wie gehen Sie denn da bei sich damit um, wenn Sie auch jetzt, sag ich mal, ein neues technisches Thema dann auch einführen. Diese Fragen müssen Sie sich ja auch stellen.

Michael Mack: Ja gut, die stellen wir uns schon. Ich meine es gibt das Sprichwort: „Digitalisierung ist nicht alles, aber ohne Digitalisierung ist alles nichts.“ Ich glaube jetzt in ein erfolgreiches Geschäftsmodell komplett zu brechen, also wir sind nicht so unterwegs wie amerikanische Großkonzerne, die dann sagen, wir müssen das alte Geschäftsmodell brechen, um Marktanteile in der Digitalisierung rasch zu haben. Wir glauben an dieses Gemeinschaftserlebnis Freizeitpark. Wir glauben auch daran, dass Menschen sich begegnen müssen, um Dinge zu erleben und weiterhin auch gleich miteinander lernen, singen, tanzen, lachen können. Wir glauben schon daran, dass digitale Bildung und digitales Entertainment auf Dauer nicht allein erlebt werden kann und soll. Also ich glaube schon, dass dieser Austausch Menschlichkeit braucht und da haben wir eine tolle Basis als größter und erfolgreichste Freizeitpark Europas, weiterhin Menschen an einem Ort für diese europäische Idee zu begeistern und zu faszinieren, ohne eben das andere zu tun. Also ich sage, das eine zu lassen und das andere zu tun. Und für mich ist es immer so, wenn man heute eine Achterbahn fährt, hat man immer noch die Option, sie mit oder ohne Brille fahren zu können. Und ich glaube, dass man da beide Dinge berücksichtigt. Ich gebe ein anderes Beispiel: Die Kriterien eines Hotels waren früher vielleicht ein saubereres Zimmer, der Begrüßungssekt und das Frühstücksbuffet. Heute, wenn man ein, wie ich weiß, zehnjähriges Kind, zehnjährige Kinder hat. Die fragen halt natürlich zum Ersten mal, ob es ein starkes WiFi-Netz in diesem Hotel gibt. Also diese Bemessungskriterien, was auch Qualität bedeutet für ein Produkt, sind heute schon auch WiFi-Signalstärke, so banal sich das auch anhört. Das gehört halt dazu. Und ich glaube der Besucher von morgen erwartet einfach, dass er einen digitalisierten Park vortrifft und entscheidet dann ob er ihn cool findet oder nicht. Und ich glaube, so haben wir es jetzt auch bei den Lerninhalten, dass Kinder eigentlich schneller bereit sind zu lernen – ohne das ich jetzt Pädagoge bin - schneller bereit sind zu lernen, wenn sie eben auch digital lernen können. Und es ist meine Hoffnung, dass wir da eben wieder zurück an die Spitze kommen.

Daniel Fiene: Steffi Warnatzsch-Abra, gibt es im Moment auch noch ein Bedürfnis am persönlichen Austausch oder ist das jetzt für eine Generation, wo Tablets und auch Smartspeaker einfach dazugehören, die keine Welt ohne kennen, da vielleicht gar nicht mehr so gefragt?

Steffi Warnatzsch-Abra: Also ich denke schon, dass für Kinder der direkte Austausch miteinander in der Peer Group sehr, sehr wichtig ist. Das gemeinsame Erlebnis beim Sport, im Kino oder einfach beim Rumtoben auf dem Spielplatz immer noch. Wir wissen alle, dass das sehr, sehr wichtig ist für die gesunde Entwicklung. Aber natürlich ist die Technik inzwischen auch bei Vorschülern schon relativ Normalität. Dass sie es auch selber nutzen, eigenverantwortlich zumindest ab Grundschule, dann auch Inhalte auswählen. Aber es ist sehr wichtig und da ist natürlich, dafür steht auch KiKA und auch „Team Timster“. Wir machen natürlich den Kindern auch immer wieder Angebote in der analogen Welt. Also wie auch Herr Mack sagt, die Achterbahn kann mit oder ohne Brille genutzt werden. Ich denke, für die Kinder ist es auch wichtig, dass sie auch noch mal lesen, dass sie ein Kartenspiel in der Hand haben und sich mit den Eltern, mit den Geschwistern über ganz normale Dinge unterhalten, ohne dass da Technik dabei ist. Aber auf dem Weg müssen wir sie natürlich begleiten und müssen auch klarmachen, dass es diese Luft braucht für die Kinder.

Daniel Fiene: Welche neuen Anforderungen an Bildung kommt auf die Gesellschaft zu, auch gerade? Also was die Bedürfnisse der Kinder angeht, die sie jetzt schon beobachten?

Steffi Warnatzsch-Abra: Also ich, wir merken, dass auch bei uns in der Sendung, wir haben ja einen recht guten Rückkanal inzwischen. Die Kinder können uns Fragen stellen, die wir in der Sendung beantworten sollen. Und da kommen erstaunlicherweise, also das hatten wir am Anfang gar nicht erwartet, relativ viele Fragen von Kindern - ich sage mal so zu technischen Sachen, zu Basics, die wir in der Regel einfach so hinnehmen. Also wer hat denn das Internet erfunden? Was ist das Internet? Kann das ausfallen? Kann das kaputtgehen? Oder wie funktioniert ein Touchscreen? Oder wer vergibt eigentlich eine Telefonnummer? Also so sehr Basic Fragen, die wir uns im Alltag überhaupt nicht mehr stellen. Und ich finde das ja eigentlich gut, dass die Kinder danach fragen, weil am Ende sind es die Menschen, die die Dinge gestalten und auch weiter gestalten. Also wenn man da wieder in Richtung Zukunft blickt, was auf uns zukommt mit KI, mit künstlicher Intelligenz. Auch da müssen wir den Kindern, glaube ich, mitgeben, auch sehr kritisch zu sehen und genau nachzufragen: Wer entwickelt denn da was? Wer lehrt denn die KI? Wer füttert da was hinein? Um so ein Stück weit dann auch später die Kontrolle zu haben. Also selber auch Interesse zu entwickeln, also wir brauchen natürlich auch Kinder, die hier Bock darauf haben, diese Sachen mitzugestalten, mitzuentwickeln, und die auch befähigt werden, das zu tun. Und dass am Ende dann auch ja zu kontrollieren und in Bahnen zu leiten, die für uns alle gut sind.

Daniel Fiene: Herr Mack, Sie hatten schon mehrmals gesagt, dass Sie es wichtig finden, dass wir europäische Plattformenkonzepte und Angebote haben auch für die technologische… also was wir nutzen. Sie selbst haben ja auch eine Plattform ins Leben gerufen, wo Sie mitgeben oder es erklären: „Ja wir wollen ein „Netflix“ für Freizeitparks auf dieser Plattform ermöglichen.“ Ist das so ein bisschen so Ihr Versuch, ja einen konstruktiven Beitrag in die Debatte mitzugeben, oder was hat Sie dazu bewogen das zu starten und welche Erfahrungen haben Sie mittlerweile vielleicht auch mitgenommen?

Michael Mack: Ja gut, das ist ein ganz langer Weg. Es war uns schon bewusst. Ich glaube, dass wir uns gar nicht so sehr mit den großen Plattformen, die am Markt schon etabliert sind, vergleichen. Und wir dachten, dass die Datensicherheit ein hohes Gut auch ist von unseren Kunden und haben da ein Stück weit, soweit es denn mit europäischen Mitbewerbern und mit europäischen Unternehmen geht, versucht, eine digitale Infrastruktur aufzubauen, die in unseren Händen liegt und die wir beeinflussen können. Und das ist eben der erste Versuch mit „VEEJOY“, weitere Versuche werden folgen. Das wir vielleicht auch eine Plattform in der VR-Welt werden können, als Gegenstück zu Oculus, der Facebook-Konzern. Es ist einfach zu sagen, es ist deutsche Qualität. Es ist ein mittelständisches Sicherheitsdenken. Und deshalb freue ich mich natürlich, dass die Außenwelt das sieht, dass ich als Innovator des Jahres letztes Jahr gewählt wurde. Also irgendwo kommt diese Bemühung an, aber finanziell sage ich Ihnen außer dieser Auszeichnung und ein Blumenstrauß gab es dafür noch nichts. Aber das ist auch nicht unser Ansinnen. Also es ist nicht so, dass wir jetzt durch digitale Plattformen Geld verdienen möchten. Wir haben den Luxus, dass wir einen gut funktionierenden Park haben. Was natürlich immer schön wäre, wenn man es in ein paar Jahren dann trotzdem schafft. Aber es geht uns hier wirklich um den Kundenservice. Eben auf einer Plattform zu sein, die halt einfach in sich sicher ist und vielleicht auch ein kleines Ökosystem damit darstellt.

Daniel Fiene: Aber Herr Mack, es kann auch nicht sein, dass wir, dass solche Themen ja zum Luxusgut werden. Also dass man es nur angehen kann, wenn man es sich leisten kann.

Michael Mack: Nein, da gebe ich Ihnen recht. Aber Rom wurde auch ja nicht an einem Tag gebaut. Ich glaube, dass diese Transformation in vielen Köpfen stattfinden muss. Ich will ja jetzt gar nicht politisch werden, aber ob das bei der Besteuerung beginnt von Start-ups. Ob das bei Venture Capital, die in Berlin, sage ich mal, jetzt doch auch am Wachsen sind, auch neue Ideen, Geld auszugeben. Aber es muss natürlich auch in den ländlichen Raum kommen, diese Denke. Und auch bei den Volksbanken und Sparkassen, die halt eben hier um die Ecke sind, dass auch die natürlich risikoaverser oder risikoaffiner werden, auch jungen Leuten diese Chance zu geben. Und dass wir wieder diese Gründermentalität noch stärker zurückbekommen, auch im digitalen Bereich. Aber ich gebe Ihnen recht, dass momentan viele junge Leute sagen: Wir gehen eben eher nach Amerika, weil da die Chancen größer sind, digital zu gründen. Und der, ich glaube, dass diese Partnerschaft, die mehr und mehr wachsen, zwischen alteingesessenen Unternehmen, die in einer analogen Welt sind, und auch jungen Leuten. Ich glaube, da sollte man noch viel mehr draufgucken, dass es eben doch noch mehr Partnerschaften im Mittelstand mit digitalen Start-Ups gibt, die vielleicht dann auch diese Produkte um den Mittelstand aufbauen. Weil ich glaube in dieser Lieferanten-Logik, weil Deutschland ja immer stark, das beim Autobau zig Lieferanten-Dienste gab, die auf der Schwäbischen Alb oder im Schwarzwald verteilt saßen, aber trotzdem Weltkonzerne beliefert haben. Und ich glaube, das ist unsere Chance in der Nische, sage ich mal. Und da glaube ich dann auch daran, dass wir in der Nische Freizeitpark, wie Sie vorher erwähnt haben, schon das „Netflix“ der Branche werden können, indem wir unsere Technologien, andere Freizeitparks verkaufen können. Es wird ja nicht reichen, um jetzt „Netflix“ oder „Amazon“ anzugreifen. Aber zumindest in unserer Branche fühlen wir uns damit wohl. Und wie gesagt, wir verkaufen ja nicht Achterbahn an die ganze Welt, sondern eben nur an Freizeitparks. Insofern ist da vielleicht unser Platz da, die Branche weiterhin zu digitalisieren mit einem deutschen Produkt. Aber in der Tat gebe ich Ihnen recht. Ein bisschen mehr Offenheit und vielleicht auch Partnerschaften zwischen Mittelstand Start-up würde dem Land nicht schlecht tun

Daniel Fiene: Dass finde ich schon toll, dass Sie da jetzt auch so gleich schon einen konstruktiven Teil eingegangen sind. Nämlich was können wir heute schon tun? Um eben diesen Ansatz zu erfüllen.

Steffi Warnatzsch-Abra: Darf ich? Sorry, also diesen Ansatz europäische Plattform würde ich unbedingt auch unterstützen. Oder diese Vision. Ich denke, dass es auch für die öffentlich-rechtlichen Sender wichtig ist, Plattformen zu haben, wo wir die Regeln auch aufsetzen, wie Sie das ja auch erwähnt haben, Herr Mack. Also gerade mit Blick junge Zielgruppe oder sehr junge Zielgruppe. Es wäre großartig, wenn wir Plattformen hätten, wo wirklich kontrolliert wird oder wo eine Altersbeschränkung wirklich funktioniert. Wo halt sichergestellt wird, das bestimmte Inhalte nicht an Kinder weitergegeben werden, die nicht für ihre Entwicklung gut sind. Sei es Gewalt, sei es irgendwelche verstörenden Szenen. Da sind die Kinder ja jetzt nicht wirklich geschützt. Oder es hängt in der Verantwortung der Eltern, dass sie entsprechende Einstellungen vornehmen. Und bei Plattformen, wo wir mitreden können, ist da sicherlich auch eine sehr viel größere Sicherheit möglich. Also ich würde das auf jeden Fall unterstützen.

Daniel Fiene: Was können wir auch schon heute tun, damit wir die Vision unserer beiden Gäste dann auch erreichen? Sie werden hören, da sind nicht nur Lehrer*innen gefragt, sondern wir alle.

Steffi Warnatzsch-Abra: Ja vielleicht auch noch einmal im Blick auf Deutschland. Hier würde ich auf jeden Fall beim Thema Bildung/Digitalisierung sagen, dass da der Föderalismus natürlich jetzt auch nicht die beste Struktur ist, um da Sache voranzubringen. Hier wäre es, glaube ich, schon gut, wenn auch zentral ein paar mehr Ansagen passieren, wie auch in den Schulen Digitalisierung vorangehen kann. Die andere Sache, denke ich auch, dass die Lehrer*innen-Ausbildung da auch gefordert ist. Dass ja der Lehrer- / Lehrenden-Nachwuchs, der auch entsprechend fit gemacht wird, wie Inhalte, digitale Inhalte an den Schulen genutzt werden können. Also ich würde Lehrerinnen und Lehrern vorschlagen, den Schülerinnen und Schülern einfach mal zuzuhören. Also wir haben das einmal erlebt, als wir auch um mitzubekommen, in der vierten Klasse. Welche Spiele werden da gespielt? Auf welchen Plattformen sind sie unterwegs? Welchen Influencern folgen die Kinder? Das war so eine angeregte Diskussion mit den Kindern. Die waren sehr offen, haben gesprudelt quasi, was sie am Wochenende tun. Wie lange sie dann halt auch Filme schauen, zocken und so weiter. Und die Lehrerinnen und Lehrer, die standen mit, ja mit einem offenen Mund da an der Seite und wussten gar nicht, was ihre Schüler da eigentlich tun. Also mit den Schülern ins Gespräch kommen, sich auch zeigen lassen, welche Spiele sind da gerade angesagt? Welche Geschichten werden auch im Gaming zum Beispiel erzählt? In einer bestimmten Generation ist ja auch Spielen recht verpönt. Wobei man da auch gute Geschichten erzählen kann, die, wo man das lernen kann, wo man sich erholen kann, wo man Kunst vermitteln kann. Also da offen auf die Zielgruppe, auf die Kinder, zu gehen, wäre meine Empfehlung. Es gibt natürlich auch jüngere Lehrer*innen, die da natürlich schon mal anders rangehen, die selber kleine YouTube Videos verfassen, um Physikinhalte anschaulicher zu transportieren. Da passiert schon eine Menge, aber es ist sehr am Anfang.

Daniel Fiene: Herr Mack, was würden Sie da mit rein geben?

Michael Mack: Ich glaube, ich kann von meiner Branche reden und da von Glück sprechen, dass wir ein Familienunternehmen sind, das eben immer wieder diesen Kampf, sag ich mal, der Generationen, als natürlicher Prozess aus innen heraus, immer wieder kämpft, in Anführungszeichen. Mein Vater ist jetzt 72 und sicherlich auch nicht ein Digital Native, ohne dass ich ihm da zu nahe treten möchte. Sagt er aber auch selbst auch, dass er eben nicht die Leidenschaft für die Digitalisierung hat. Er ist geborener und leidenschaftlicher Maschinenbauer. Und er sagt, er hat diese Leidenschaft und Hingabe der Digitalisierung nicht mehr und freut sich deshalb, dass ich das übernommen habe, dieses Feld. Und ich glaube, man kommt nur zur Weltspitze, wenn man eine hundertprozentige Leidenschaft für etwas hat. Ob das im Sport, in der Bildung oder auch im betrieblichen oder im wirtschaftlichen Unternehmensumfeld. Und sofern ist es vielleicht einfach ein Denkansatz, vielleicht auch an Institutionen zu sagen: Wir brauchen auch da einen Generationenwechsel. Wir brauchen auch junge Menschen, vielleicht in Verantwortung, denen wir dann auch, wenn wir selbst anders denken, vielleicht diese Freiheit geben müssen und auch die Ressourcen Dinge auszuprobieren. Und vielleicht auch die Großzügigkeit und ja offen zu sein für Veränderungen. Ich glaube, das wäre mein Appell, hier und da vielleicht in Führungspositionen auch junge Menschen reinzubringen, die vielleicht auch einmal Gesetze und „haben wir immer schon gemacht“ vielleicht auch dann brechen können. Vielleicht auch noch einmal dieses, es gibt doch dieses schöne englische Wort des Private Public Partnership, vielleicht auch noch mehr einen Austausch mit der Wirtschaft zu suchen, vielleicht auch im Bildungssektor oder auch bei institutionellen Betrieben. Einfach auch diese Vermischung zwischen privat und öffentlicher Hand, vielleicht noch ein bisschen mehr zu vernetzen. Und wie gesagt, mein A und O: Was zu wenig beachtet wird, ist meines Erachtens, dass ich zwar jedem Kind ein iPad in die Hand geben kann, aber letztendlich wenig Überprüfungsmöglichkeiten hat, was für Inhalte ihm da zugespielt werden. Und da hoffe ich, dass wir da europäisch einfach mehr darüber nachdenken, was wir den Kindern von morgen beibringen wollen und wie wir auch diese Plattform dann auch besitzen als europäischer Körper oder Institution.

Steffi Warnatzsch-Abra: Ja, mir fällt vielleicht noch ein, auch der jungen Zielgruppe Vorbilder zeigen. Das ist natürlich am Ende auch ein Stück weit Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Sender, auch unserer Formate. Dass die junge Zielgruppe, die Kinder, auch sehen, was man tolles schaffen kann, in welche Richtung man später sich vielleicht entwickeln kann, wo man selber mittun kann. Sei es kreativ, sei es in der Technik. So Berufschancen, Berufsfelder, stärker auch aufzeigen, dass die Kinder, die junge Zielgruppe, auch sieht: Was tut sich denn da? Und vielleicht Berufswünsche entwickeln, Träume entwickeln die sie bisher noch nicht hatten.

Daniel Fiene: Ich danke Ihnen herzlich beide für Ihre Impulse und auch für Anregungen. Und auch diesen Blick, denn Sie da mit reinbringen. Vielen Dank fürs Mitmachen.

Michael Mack: Ja, vielen Dank. Hat sehr viel Spaß gemacht. Und ich hoffe, dass wir uns alle vielleicht auch mal zu dritt, auch in live und real hier auf der einen oder anderen Achterbahn oder in der virtuellen Welt hier bei uns im „Europa-Park“ gemeinsam dann treffen.

Steffi Warnatzsch-Abra: Ich danke, dass ich dabei sein durfte. Und Herr Mack, ich glaube, ich werde mir jetzt die Reise mal vornehmen. Ich möchte Sie nicht auf der Achterbahn treffen, das ist nicht meins, aber darunter sehr gerne.

Daniel Fiene: Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht. Aber wenn ich das nächste Mal in einen Freizeitpark gehe oder mir ein Unterhaltungsprogramm für Kinder ansehe, dann werde ich es mit ganz anderen Augen sehen, wie moderne Bildung für Kinder aussehen kann. Ich nehme auf jeden Fall mit: Bildung ist Aufgabe von vielen Träger*innen. Nicht nur direkt die, die an Schule und Co. beteiligt sind, oder von der Bildungspolitik. Fast alle gesellschaftlichen Bereiche müssten da mitziehen. Und es geht nicht nur um Technik und Inhalte, sondern auch um Austausch, Gespräch und Erlebnisse, damit Kindern ein Zugang zur digitalen, natürlich auch realen Alltagswirklichkeit ermöglicht werden kann. Da können wir bestimmt einige Impulse für die Zukunft der Bildung Debatte mitnehmen. Weitere Impulse gibt es auch in den anderen Episoden von unserem Podcast. Die gibt es immer neu mittwochs, alle zwei Wochen, in der ARD Audiothek, in gut sortierten Podcast-Apps und Verzeichnissen und im KiKA-Kommunikationsportal. Danke fürs Zuhören. Mein Name ist Daniel Fiene. Bis zum nächsten Mal bleiben auch Sie mit uns neugierig auf die:

[Outro] Generation Alpha - Der KiKA Podcast