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Transkript zu Episode 2: „Wir müssen der Generation Alpha zuhören“

Kathrin Demmler wünscht sich für Kinder und Jugendliche, dass sie Medien als Instrument zur gesellschaftlichen Teilhabe nutzen. Für sie ist Medienkompetenz das Werkzeug für die Zukunft.

Kathrin Demmler: Kinder wünschen sich kompetente Ansprechpersonen, und Kompetenz bedeutet nicht immer, dass ich genau weiß, wo ich jetzt wohin klicken muss oder wie ich welche Einstellung vornehme, sondern Kompetenz bedeutet, dass ich mit einem Grundinteresse ran geht.

[Intro]: Generation Alpha - Der KiKA-Podcast

Inka Kiwit: Und damit Hallo zusammen - sie haben es eben schon gehört - zu "Generation Alpha - Der KiKA-Podcast". Ich bin Inka Kiwit, Redakteurin bei KiKA, und begleite sie heute durch diese Folge. Übrigens KiKA wird 25 Jahre alt. Happy Birthday an dieser Stelle. In dieser Folge werfen wir einen Blick auf die Lebenswelt der Generation Alpha. Also auf alle, die nach 2010 geboren sind. Und diese Generation, die wächst ja vom ersten Lebenstag an mit Medien auf. Was wünschen wir uns für diese Generation? Wo müssen wir als Medienschaffende, als Eltern, die Institutionen, das Bildungssystem, ja wir als ganze Gesellschaft nachbessern? Welche Rolle spielen wir oder sollten wir spielen beim Aufwachsen der Generation Alpha? Genau dazu tauschen wir uns aus heute mit Kathrin Demmler zum großen Thema Medienkompetenz. Frau Demmler, die ist Direktorin des JFF Medienpädagogik Instituts in München. Und sie hat eine Vision, einen Wunsch, wie eine wirklich medienkompetente Gesellschaft in der Zukunft aussehen könnte.

Kathrin Demmler: Ich wünsche mir für die Generation Alpha, dass sie Medien für sich in Gebrauch nehmen können, dass sie sich äußern können, das Medien nicht nur eine Notwendigkeit sind, um im Beruf später zu bestehen, sondern das Medien ein zentrales Instrument auch der Teilhabe an unserer Gesellschaft sind. Und dafür würde ich mich sehr, sehr gerne ganz stark einsetzen.

Inka Kiwit: Wie wir genau dahin kommen, was der Status quo ist und über Medienkompetenz als das Werkzeug für die Zukunft, habe ich also mit Frau Demmler gesprochen. Und ich bin mit einer, sagen wir mal, eher ungewöhnlichen Frage in das Gespräch eingestiegen.

Inka Kiwit: Hallo Frau Demmler, schön, dass sie heute dabei sind.

Kathrin Demmler: Hallo, freue mich, da zu sein.

Inka Kiwit: Frau Demmler alles dreht sich um Medien in unserem Podcast. Wenn Sie ein Medium wären, egal ob digital oder analog, irgendeins, welches wären Sie dann? Und warum?

Kathrin Demmler: Schwierige Frage. Und wahrscheinlich wäre ich eine ganze Fülle von Medien, weil ich sie wirklich so gerne habe in ihrer Vielfalt. Aber vielleicht würde ich tatsächlich am ehesten ein Kino sein. Ich finde, ein Kino ist durchaus ein, ein spannender Ort. Ein Ort, an dem man sich wohlfühlt, dann ein Ort an dem es viele verschiedene Eindrücke gibt. Ein Ort, an dem es für jeden etwas gibt. Ein Ort, an dem man auch eine Auszeit nehmen kann aus dem Alltag und eine Plattform für die ganz unterschiedlichen Geschichten.

Inka Kiwit: Spannend. Das kam unerwartet, aber es ist ein schönes Medium. Vielen Dank dafür. Sprechen wir mal über unsere mediatisierte und unsere digitalisierte Welt. Kinder lernen, sie kommunizieren, sie spielen, informieren sich digital, allen voran die jetzt heranwachsende Generation Alpha. Inwiefern stimmt Sie das denn bedenklich?

Kathrin Demmler: Wenn Sie so wollen, es stimmt mich erstmal nicht bedenklich. Aber wenn ich sozusagen bedenklich sein soll, dann also können wir Erwachsenen da mithalten? Verstehen wir, was sie da tun? Haben wir genug Einblick. Also das wären so die Fragen, die sich mir stellen.

Inka Kiwit: Und trotzdem gibt es diese eine Zahl, die immer wieder im Raum steht, nämlich die 258. 258 Minuten, also mehr als vier Stunden, verbringen 89 Prozent der Jugendlichen am Tag online, jedenfalls laut der aktuellen Jugendinformation und Multimedia, kurz JIM-Studie. Können Sie das mal für uns einordnen?

Kathrin Demmler: Total gerne, aber auch wahrscheinlich nicht allgemeingültig, muss man fairerweise sagen, weil eben und das ist so das, was das das erstes zu sagen ist: Das ist erstmal eine Zahl, das ist ein Durchschnitt. Das Zentrale aber ist die Zahl sagt nichts darüber aus, was machen denn die Kinder und Jugendlichen oder in dem Fall die Jugendlichen da online? Und dann ist es natürlich auch die Frage des Erhebungszeitraums. Also die Zahlen sind noch einmal gestiegen? Ja klar, Unterricht bedeutete, online zu sein. Ja, Musikhören bedeutet heute online zu sein. Maßgeblich Filme anschauen bedeutet eben, nicht immer im Kino zu sein, sondern eben online zu sein. Ja also, das heißt, das ist erstmal sozusagen ganz viel von dem, was Jugendliche machen, hat mit online zu tun. Und dann kommt das zweite hinzu: Es ist eine Addition, also so eine. Diese Zahl setzt sich zusammen aus unterschiedlichen Fragen was machst du wieviel am Tag? Und wenn es jetzt heißt eben: Wieviel bist du im sozialen Netzwerk? Dann kommt da eine Zahl X raus, die aber jetzt nicht bedeutet, dass die Jugendlichen die ganze Zeit dort aktiv sind, sondern dass es natürlich nebenbei auch noch offen ist, dass es so ist, dass man sich also Musikstreaming anhört und währenddessen chattet beispielsweise ja, und aus dieser Addition ergeben sich natürlich auch sehr hohe Zahlen. Computerspiele spielen ist online. Also letztendlich, die Zahl sagt wenig aus. Wir müssen eben tatsächlich sehr stark auf die Inhalte schauen und drauf schauen, und das ist ja das tatsächlich, wenn man so will für Menschen unseres Alters, Beruhigende, es gibt in dieser, in dieser besagten Jim einen stabilen Wert, wenn man die Jugendlichen nach ihren liebsten Freizeitbeschäftigungen fragt. Was steht an erster Stelle? Und zwar ich glaube tatsächlich seit der ersten Erhebung der Jim: Freunde treffen

Inka Kiwit: Frau Demmler wir sind selbst nicht in einer so digitalisierten Welt groß geworden. Wir sind ohne Cyber-Mobbing ohne Hate-Speech im Netz, ohne Social-Media als Kinder aufgewachsen. Wie wappne ich meine Familie? Wie bereite ich mich und meine Kinder auf einen kompetenten Umgang mit Medien am besten vor? Was ist da ihr Rat?

Kathrin Demmler: Der zentrale Rat ist, dass man die, dass man die Medien, die Medienvielfalt konstant zum Thema macht. Dass man in der Familie, also sich genau diese Fragen auch bewusstmacht, es als Eltern, als Großeltern durchaus auch, dass man mit Kindern darüber im Gespräch ist, dass man sich dafür interessiert, was sie dort machen und dass man, und das wissen wir aus verschiedenen Studien: Kinder wünschen sich kompetente Ansprechpersonen und Kompetenz bedeutet nicht immer, dass ich genau weiß, wo ich jetzt wohin klicken muss oder wie ich welche Einstellung vornehm, sondern Kompetenz bedeutet, dass ich mit einem Grundinteresse rangehe und sage: Ich habe davon, ich weiß, dass es Cyber-Mobbing gibt, dass es irgendwie bei Veröffentlichung von Bildern im Netz gibt, wo derjenige, der abgebildet ist oder diejenige eben nicht gefragt wurde. Wie gehst du denn damit um? Habt ihr da in der Schule schon mal drüber gesprochen? Spricht er im Freundeskreis darüber? Macht ihr euch Gedanken um das Recht am eigenen Bild. Jetzt beispielsweise ja, und da kann ich da kann kein Erwachsener sagen, der kann er nicht oder sie nicht drüber reden. Ja, und es geht da gar nicht drum, ganz genau im letzten Detail die Plattformen zu kennen, sondern genau solche Themen eben zum Thema zu machen ist das Zentrale. Und zwar in der Familie - also auch anzuregen, dass Eltern miteinander darüber sprechen. Wie gehen ihr denn damit um? Was macht ihr? Und durchaus auch die Bildungseinrichtungen. Jetzt maßgeblich die Schule, aber auch wenn das Kind in einem Verein ist, im Sportverein ist, wenn es in einer Jugendgruppe ist, auch anzuregen, dass dort diese Themen thematisiert werden, wenn es nicht ohnehin schon der Fall ist.

Inka Kiwit: In der Medienpädagogik, finde ich die Formulierung „reflektierte Nutzung von Medien“. Wovon sprechen wir? Wann kann nicht sagen: Jetzt nutzen Kinder Medien reflektieren?

Kathrin Demmler: Insgesamt geht es bei diesen Begriffen natürlich um eine Zieldimensionen. Aber Reflexion bedeutet zwei zentrale Komponenten Die Frage: Was ist gut für mich? Und was ist gut für mein Umfeld? Also, wenn Kinder eben sozusagen damit aufwachsen, dass man sich Gedanken darübermacht, was schaust du dir an oder was hörst du dir an? Was spielst du? Und wenn es einfach nur gute Unterhaltung ist: Super, da spricht überhaupt nichts dagegen. Es muss nicht immer die ganz hohe Bildung dabei eine Rolle spielen. Aber wenn sie dabei eben dann, wenn, wenn Kinder dann sagen: Boar irgendwie, das hat mir zwar gefallen, aber irgendwie hat es mich in der Nacht doch sehr beschäftigt. Und ich konnte nicht gut schlafen, das eben bewusst zu machen und zu sagen: Na, dann ist es vielleicht einfach nicht das richtige Format für dich. Dann muss man vielleicht einfach überlegen, war es zu viel, war es das Falsche und dass sich bewusst zu machen oder zu sagen: Boar, das hat mich so gefesselt, dass ich ganz vergessen habe, dass ich eben meine Freunde treffen wollte. Und darüber nachzudenken, das deutet eben so dieses Thema der Reflexion. Aber eben das Thema der Reflexion bedeutet auch zu sagen, wo finde ich denn die Informationen, die ich suche und da zu wissen, wo sind denn die Quellen? Und die Quellen sind oft im Internet, und es sind tolle Quellen, die ich da finde.

Inka Kiwit: Ist mein Kind dann auch medienkompetent?

Es ist ein wichtiger Bestandteil, aber es ist nicht alles. Nein also als erstes wäre mir oder am wichtigsten ist mir und auch uns und ist auch dem Konzept der Medienkompetenz, dass es auch darum geht, um ein kompetentes Handeln mit Medien. Also auch Medien für sich in Gebrauch zu nehmen und auch Medien nutzen zu können, um eine Aussage zu treffen. Also wenn wir von der Schule anfangen zu sagen, ich kann eben auch Medien nutzen um ein Thema schön zu präsentieren. Also ich entscheide mich, will ich ein Plakat machen? Ist super, überhaupt gar keine Frage. Ja, also toll, oder will ich eben eine Repräsentation am Computer machen? Aber auch zu sagen, ich habe da ein Thema, das mich gerade beschäftigt und hab Lust darüber zum Beispiel ein kleines kleines Audio aufzunehmen, also vielleicht meine erste Podcast-Folge zu produzieren. Oder eben dann weitergehen. Wir sprechen ja ebenfalls, über eine breite Altersgruppe. Zu sagen, ich suche Leute, die das Gleiche machen wie ich. Wie mache ich da eine Website, wie informiere ich denn über ein Thema? Und was stelle ich dann da auch drauf? Ja also zu sagen, das geht ja Hand in Hand. Also, ich kann nicht nur Medien reflektieren, ohne sie zu nutzen, aber ich kann sie ja auch nicht nutzen, ohne sie zu reflektieren. Und dann kommt da als dritte Komponente dazu: Das Wissen, das ist natürlich ein sehr, sehr kopflastiges Thema. Aber zu wissen wie wo finde ich denn einen Anbieter, wo ich mir eine eigene E-Mail-Adresse besorgen kann, ohne eben mit Spam überhäuft zu werden, beispielsweise, oder mit Werbung, wenn ich die Webseite aufrufe, wo ich meine Mails abrufe und ganz, ganz viel Werbung sehe. Also solche Fragen, also auch das Wissen darüber oder wer stellt welche Informationen bereit? Oder was hat es mit Werbung auf sich, beispielsweise ja? Also auch ganz viele diese Themen, also, sprich letztendlich geht es ganz Hand in Hand, und eins geht eigentlich nicht ohne das andere. Aber für uns ist auch wichtig, Medien eben zu nutzen, in Gebrauch zu nehmen, sich zu äußern mit Medien dabei also oder nicht dabei begleitend darüber nachzudenken, was will ich denn damit? Was tut mir das gut? Und eben, äh, was, was muss ich bedenken von juristischen Fragen? Und das ist tatsächlich so ein Phänomen. Unsere Kinder werden heute so früh mit juristischen Fragen müssen die sich beschäftigen wie wir nicht. Also wir hatten die nicht die Last und schon so Gedanken ums Recht am eigenen Bild um Urheberrechte und Sonstiges zu machen. ganz schön eine Mammutaufgabe für Eltern oder

Inka Kiwit: Ganz schöne Mammutaufgabe für Eltern, oder

Kathrin Demmler: Eine Riesenaufgabe, auf jeden Fall. Aber da muss man auch sagen, Erziehung ist eine Riesenaufgabe und da greift eins ins andere. Und es ist ja nicht so, dass man sozusagen Medien als einen singulären, extrahierten Baustein hat, sondern das gehört zum Familienleben, zum Familienalltag dazu. Für uns alle gehören die Medien zum Leben dazu, und insofern ist es ein Teil auch der Freizeitbeschäftigung, aber natürlich auch ein Teil von Schule heute, dass Medien eine Rolle spielen. Und insofern würde ich es tatsächlich wesentlich weniger gern als eigene Baustein, sondern es ist ein Querschnittsthema, mit dem man sich einfach auch befassen muss. Aber, und das ist vielleicht doch das wichtige, bei der Befassung damit kann man auch wirklich ganz, ganz viel Spaß haben in der Familie und kann eben auch ganz viel ins Gespräch kommen und ich erfahre auch, was meine Kinder beschäftigt.

Inka Kiwit: Frau Demmler, ich würde so weit gehen zu sagen, dass Medienbildung überlebenswichtig für den Erhalt unserer Gesellschaft ist. Kindergärten und Schulen sollten oder müssen sogar eine große Rolle bei der Vermittlung von Medienkompetenz spielen. Was muss denn dringend verbessert werden, in ihren Augen?

Kathrin Demmler: Dringend verbessert werden, also ganz, ganz zentral, ist für mich, ich unterstütze das, was sie gesagt haben, voll und ganz. Und das bedeutet, dass Medienpädagogik oder auch Medienbildung, die der Begriff spielt für mich nicht die Rolle, aber die Befassung mit Medien nicht mehr einfach nur eine freiwillige Aufgabe sei, sondern also sozusagen gesetzlich sozusagen eine freiwillige Leistung. Und für den in der Bildungslandschaft tatsächlich dann eine Aufgabe, die davon abhängt, ob eine Pädagogin, ein Pädagoge einfach ein Interesse dafür hat oder ein Händchen dafür hat oder ein Faible dafür hat oder nicht. Sondern es muss wirklich integrierter Bestandteil sein.

Inka Kiwit: Das heißt, Medienkompetenzförderung ist aktuell nicht genug verankert im Lehramtsstudium, in der Ausbildung von Erziehern und Erzieherinnen?

Kathrin Demmler: Definitiv nein. Also ist einfach nicht genug verankert. Also selbst wenn sich das Thema findet, ist es dann oft so, dass es sehr schnell abgehandelt werden kann. Und das ist aber auch, und das ist eben tatsächlich, wenn ich frage: Wie wollen wir lernen heute und wie können wir Medien nutzen, um eben umzulernen? Dann spielt es auch eine Rolle, auch in der Aus- und Weiterbildung. Das heißt also letztendlich kann es für eine Ausbildung von Lehrkräften, von Erzieherinnen/Erziehern nicht nur heißen, die müssen sich mal in vier, sechs, sieben, acht Stunden mal mit Medien befasst haben, sondern in deren Ausbildung sollte eben tatsächlich das auch eine Rolle spielen. Wie nutzen Sie Medien, um sich Inhalte anzueignen? Wie nutzen Sie Medien, um Inhalte zu präsentieren? Und so weiter. Und bis heute ist es noch so, dass man in der Ausbildung nicht so viel Kontakt, unmittelbaren Kontakt mit Medien haben muss, zumindest. Man kann aber man muss nicht.

Inka Kiwit: Stimmt mich so ein kleines bisschen bedenklich, ehrlich gesagt, wenn ich ihnen so zuhöre. Wann wird sich das ändern? Ist da irgendwas auf dem Weg?

Kathrin Demmler: Naja, also prinzipiell kann man sagen, es tut sich schon was. Da ist vielleicht auch eine der wenigen Nebenwirkungen, die man nicht nur betrauern muss, sagen wir mal so, aus der Pandemie jetzt: Dass schon deutlich wurde, da ist noch Nachholbedarf, wurde mal deutlich. Insgesamt aber werden durchaus Konzepte entwickelt und auf den Weg gebracht. Ich habe tatsächlich, und da wage ich es noch nicht, in die Zukunft zu schauen, wir gehen natürlich gleichzeitig jetzt in eine Zeit hinein, wo die Finanzmittel wieder knapper werden. Also irgendwo müssen die Kosten, die gerade entstehen, ja auch aufgefangen werden. Und ob es dann am Ende heißt, Medien sind so zentral für unsere Gesellschaft, dass das nicht mehr dann hinten runterfällt. Und man sagt, naja okay, dann schafft man halt doch keine Technik an, weil die es zu teuer oder dann entwickeln wir keine neuen Konzepte für die Bildung, weil das ist zu teuer. Da bin ich mir nicht so sicher. Also ich glaube, was das Bewusstsein angeht, ändert sich was. Auch, tatsächlich gibt es so unterschiedliche Bereiche, die mich da durchaus optimistisch stimmen. Also man merkt, dass sowohl jetzt oder sagen es wird es in den Bundesländern aber auch bundesweit durchaus ein Interesse ist, zu überlegen, was brauchen Menschen denn heute für ein gutes Leben in einer von Digitalisierung geprägten Gesellschaft? Das klingt jetzt sehr theoretisch, ja. Aber was brauchen wir denn dazu, um damit klarzukommen, dass wir letztendlich fast alles online machen müssen. Dieses Bewusstsein ist da. Ob dann letztendlich auch der Mut da ist, entsprechend diesen Bereich auszustatten, das kann ich nicht sagen.

Inka Kiwit: Ein kurzer gedanklicher Einschub es ist also im besten Fall ein Zusammenspiel zwischen Eltern und dem Bildungssystem und Institutionen wie dem Institut für Medienpädagogik von Frau Demmler. Ich bin selbst als Mutter hin und hergeworfen zwischen den Fragen was muss ich selber leisten? Wann verlasse ich mich auf das Bildungssystem? Auf das ganze Medienangebot, und da beginnt vieles ja schon bei der Auswahl der Inhalte, die ich meinen Kindern zeige oder die sie sich auch wünschen und welche Zugänge ich ihnen überhaupt biete. Und da kommen wir als Medienschaffende ins Spiel, vor allem auch als Kinderkanal von ARD und ZDF. Was können wir tun?

Inka Kiwit: Was ist denn für sie ein qualitativ hochwertiges Kinder-Medium?

Kathrin Demmler: Das ist eigentlich eine leichte Frage, muss ich jetzt in dem Fall sagen. Ein qualitativ hochwertiges Kindermedium ist für mich erst mal ein Kindermedium, was gute Laune macht. Was zum zusammen-nutzen anregt. Also das, was auch für die Gemeinschaft geeignet ist. Dass so eine Gemeinschaft zwischen Kindern und Eltern, zwischen Geschwistern untereinander, mit Freunden gemeinsam genutzt werden kann, was zum Selbermachen, Nachmachen anregt. Also ob es dann heißt, wirklich selber machen mit Medien oder ob es einfach eine Anregung bietet, dann danach eben eine Szene, die ich eben mir angeschaut habe, mit meinen kleinen Figuren nachzubauen, oder wie auch immer. Also das-selber-machen anregt, die auf jeden Fall möglichst wenig mit wenig Werbung enthält, die datenschutzkonform ist auf jeden Fall. Und ganz zentral ist mir, das ist ein gutes Medium für Kinder Ausstiegsmöglichkeiten mit einkalkuliert. Also, das heißt sozusagen, das ist eben audiovisuellen oder sozusagen im linearen Bereich, als ob es ein Hörspiel ist oder ob es ein Angebot in audiovisuelle Art ist, ein Film ist, ist das noch relativ einfacher ist. Da kann man sich meistens vorher anschauen, wie lange läuft er und okay, dann macht man aus, den schaust du dir an, oder die Serie oder die Episode, und danach ist Schluss. Gerade bei kleineren Kindern halte ich das für ganz ganz wichtig. Als kleiner Einschub formuliert eben auch fatal, dass sie zu sagen sozusagen immer gleich wieder das nächste abgespielt wird, wenn man online anschaut. Ja, aber tatsächlich fällt ein Kriterium für Computerspiele ist es für mich für uns ein ganz zentrales Kriterium: Also, je kleiner die Kinder sind, desto zentraler muss eine Funktion eben wie speichern sein. Also dass ich ja sagen kann okay, ich habe jetzt eben einen kleinen Anfang von dem Abenteuer gespielt und kann speichern und spiele morgen da weiter, wo ich bin. Also nicht sozusagen, dass ich, das ich zu lange eben es nutzen muss. Vielleicht darf man es auch mal länger benutzen. Das ist auch okay. Aber das vom Spiel oder von dem Angebot vorgegeben auch eine Zeitgrenze da ist.

Inka Kiwit: Also zumindest bei einigen Online- und Demand-Anbietern kann man ja das automatische Weiterlaufen ausstellen, wie zum Beispiel in unserer Kika-Player-App.

Kathrin Demmler: Genau, nein, das ist auch super. Und ich denke, das ist tatsächlich ja, sie wird auf das Thema schon gerne kurz eingehen: Also ein gutes Kindermedium zeichnet sich natürlich auch dadurch aus, dass es auffindbar ist überhaupt ja. Und insofern ist es so großartig, dass es eben tatsächlich so Angebote wie den KiKA gibt, wo man eben weiß: Das sind Angebote für Kinder. Und je kleiner die Kinder sind, desto wichtiger ist es, dass sie sich in Räumen bewegen, wo eben klar ist, das sind Räume für sie und das halte ich auch im Online-Bereich für wichtig. Ich würde gerne viel mehr noch gute Angebote, so gute Angebote wie sie eben beispielsweise KiKA hat, auch im Online-Bereich sehen und Eltern mit einem guten Gewissen sagen können: Da findet ihr einfach Content, der ist für Kinder gemacht. Der mag jetzt nicht immer allen Kindern gefallen. Das kann auch mal passieren, dass ein Kind überfordert ist, weil es vielleicht ein Thema aufgreift, das für das Kind, das dem Kind nahegeht oder das ist nicht versteht. Aber es ist prinzipiell Angebot, das für Kinder gemacht ist und das ist tatsächlich ganz zentral.

Inka Kiwit: Wie können wir denn als Medienschaffende ihrer Meinung nach am besten zu einer selbstbestimmten Nutzung von Medien beitragen? Also weg von einem rein passiven, eher unreflektierten Konsum von Medien.

Kathrin Demmler: Immer einen Blick dafür haben, was Kinder denn heute gerne machen und gerne nutzen. Es ist natürlich auch sehr stark, nah an den Interessen und der Lebenswelt der Kinder dran zu sein. Möglichst viele Kanäle bedienen halte ich für wichtig, also tatsächlich eben zu sagen, das eine ist klassisches Fernsehen. Das andere ist aber das eben viel eben einfach auch on Demand natürlich geguckt wird, dass Kinder auch eine große Leidenschaft fürs Hören haben, finde ich eine sehr schöne Leidenschaft, auch wenn es auch da mal zu viel werden kann. Dass das Internet einfach eine ganz große Rolle spielt und nicht nur als reiner Distributionskanal von audiovisuellen Content, sondern eben auch zusätzliche Angebote, die dort zum Weitermachen, zum Spielen anregen und so weiter. Und natürlich können Themen eben dieses Gespräch auch anregen. Welche Regelungen gibt es denn in Familien? Welche Regelungen wünschen sich Kinder? Also gerade dieses Gespräch unter Kindern, dass sie je nach Alter bei den Kleinen unter Eltern, Eltern mit Kindern, Kindern untereinander und das kann man durchaus auch, indem man eben entsprechende Themen setzt. Und ich denke, gerade dieses Thema, also Cyber Mobbing, ist ganz dramatisch. Das ist gar keine Frage, wenn es jemanden betrifft. Aber es ist ein Thema, das tatsächlich sehr stark präsent ist in den Medien. So diese Frage, welche Ideen gibt es eben für einen vernünftigen, also zeitlich vernünftigen Umgang mit Smartphone, Tablet, Computer und so weiter? Das ist ein Thema, wo ich gar nicht so viel Angebote kenne, die sich damit auseinandersetzen.

Inka Kiwit: Frau Demmler, wir bemerken nicht nur im privaten Umfeld, sondern auch die Studien belegen, dass die Skepsis gegenüber den Medien, und damit uns und ihnen als Medienschaffenden, größer geworden ist. Was entgegnen Sie Menschen, die das Vertrauen in die Medien verloren haben?

Kathrin Demmler: Dass ich sie verstehen kann. Also erstmal tatsächlich, naja. Grundsätzlich kann ich es verstehen, denn es ist so eine große Vielfalt, mit der wir es zu tun haben, die die Nachrichtenlage, sagen wir es mal so, ist schwerer zu durchschauen. Wir haben es damit zu tun, dass Nachrichten von sozusagen, der die sogenannte User Generated Content, das heißt jeder kann prinzipiell auch seine Meinung veröffentlichen. Der Unterschied zwischen Nachricht und Meinung ist schwer zu durchschauen. Wir alle wollen möglichst schnell wissen, was los ist, ja. Oft eben für, gerade für die Medienschaffenden, ist ja der Druck sehr hoch, ganz schnell rauszugehen. Die Nachrichten sind dann vielleicht noch nicht so viel, so oft gecheckt, wie sie sein sollten, und so weiter. Das heißt, ich halte eine gesunde Skepsis für absolut fast schon überlebenswichtig. Aber wie gehe ich denn dann damit um? Und das ist, glaube ich, so die zentrale Frage. Ich würde mir wünschen, dass viel mehr genau über dieses Thema einer Überforderung und von uns allen aufgrund der Vielfalt, einfach auch, dass das vielmehr thematisiert wird in der Nachbarschaft, mit Freunden, mit Verwandten und so weiter. Wo hast denn du deine Infos her. Medien sind heute einfach viel, viel, viel präsenter in unserer Gesellschaft. Viel vielfältiger, begleiten uns im Alltag, egal, was wir gerade machen. Und deswegen, umso mehr, muss ich auch darüber reden und mir eben mein Bewusstsein schärfen. Und deswegen eine gewisse Überforderung verstehe ich. Aber die Frage ist ja, was resultiert daraus?

Inka Kiwit: Vielleicht können sie einen kurzen Blick in eine Zauberkugel, in eine Zukunftskugel werfen für uns. Welche Rolle werden Medien in 25 Jahren spielen? Was glauben Sie, wird sich stark fallen?

Kathrin Demmler: 25 Jahre? Da haben wir dann das Jahr 2046, oder?

Inka Kiwit: Ja richtig, jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt diese Aufnahme. Wahrscheinlich 2047 für unsere Zuhörenden gerade.

Kathrin Demmler: Aber man muss vielleicht sagen weil wenn ich mich vertue, kann ich ja sagen, ich habe nicht 2022 sondern 2021 in die Zukunft geblickt. Ich wünsche mir, dass wir an allen Ecken, wo Menschen leben, erstmal jetzt in Deutschland, wenn wir über den Raum sprechen, einen Zugang zu einem schnellen Internet haben und für alle leistbar. Also, dass diese Barriere, die es aktuell einfach gibt, das die Internetverbindung nicht an allen Stellen ausreichend ist, sie muss nicht überall gleich sein, aber das ist nicht überall ausreichend, dass das behoben ist. Das wäre zunächst so eine Mindestsache. Ich denke mir, dass wir uns in den nächsten 25 Jahren viele Gedanken auch um das Thema Nachhaltigkeit machen werden. Also sozusagen wie gehen wir damit um? Wie können wir Medien, die Technologie selber auch nachhaltiger gestalten? Also wie können auch die Produkte vielleicht wieder länger halten und nicht so ein automatisches Ablaufdatum irgendwie haben und dann werden sie weggeschmissen und ein neues kommt. Ich bin gespannt, was die Themen künstliche Intelligenz und Robotik dann für eine Rolle spielt, wo heute durchaus ja künstliche Intelligenz schon Einzug erhalten hat. Also in Fragen wie der der Navigation beispielsweise und so weiter. Aber wie wir dann damit umgehen, wie wir sozusagen uns gesellschaftlich damit auseinandersetzen, dass auch nicht alles, was technisch machbar ist, wünschenswert ist. Ein bisschen habe ich gerade den Eindruck, dass wir das sind auch Begriffen, die ich selber verwende, kommt es leider vor sowas von Digitalisierung geprägte Gesellschaft, Ja? Dass wir das Gefühl haben, diese Digitalisierung macht irgendwas mit uns. Und ich wünsche mir, dass wird durch ganz viel, was wir heute auch gesprochen haben, dahin kommen, dass wir stärker wieder, jeder Mensch, das Gefühl hat oder das Wissen hat, dass er/sie selbst eben Gesellschaft mitgestalten kann und damit auch sozusagen auch einen gestaltenden Einfluss auf die Digitalisierung hat und nicht nur in einem ein Objekt ist, sondern zum Subjekt wieder wird, zum selbst eben machen. Und dann ist es natürlich, und dazu gehört es auch, es greift er unmittelbar ineinander: Ich wünsche mir, dass Medienkompetenz als ganz zentraler Bildungsauftrag neben anderen, auch es gibt andere wichtige Dinge, aber Medienkompetenz als zentraler Bildungsauftrag dann verankert ist. Aber ich denke, es wird spannend, gerade ebenso auf diese Themen. Was haben wir denn dann für kleine Roboter, die uns begleiten? Und vielleicht Roboter? Ein total antiquierter Begriff in 25 Jahren.

Inka Kiwit: Vielleicht können sie eine kurze Vision formulieren, wie eine wirklich medienkompetente Gesellschaft in der Zukunft aussehen könnte. Was wünschen Sie sich für die Generation Alpha?

Kathrin Demmler: Ich wünsche mir für die Generation Alpha, dass Medien, mediale Phänomene, Technologien, ein selbstverständlicher Bestandteil ihres Alltags sind. Dass sie ganz viele Informationen bekommen. Es Informationen sind, sowohl Fakten, aber es geht auch um Emotionen. Es geht um das Wie, um das Warum ja, dass sie dazu im Gespräch sind. Dass sie sehr stark dieses Potenzial der Medien ausschöpfen können. Dass sie Medien für sich in Gebrauch nehmen können, dass sie sich äußern können, dass Medien einfach für die Generation Alpha nicht nur eine Notwendigkeit sind, um im Beruf später zu bestehen, sondern das Medien ein zentrales Instrument auch der Teilhabe an unserer Gesellschaft sind. Und dafür würde ich mich sehr, sehr gerne ganz stark einsetzen.

Inka Kiwit: Ein letzter, abschließender, sozusagen Call-to-Action. Was müssen wir alle, die Eltern, das Schulsystem, Institutionen wie ihre und wir als Medienmacher*innen dafür tun, damit diese Vision Wirklichkeit wird?

Kathrin Demmler: Wir müssen erstens ganz stark den Kindern und Jugendlichen zuhören. Wir müssen uns selbst bewusst damit auseinandersetzen, wie wir mit Medien umgehen. Wir müssen ihnen gute Angebote machen, und zwar gute mediale Angebote als auch entsprechend gute Bildungsangebote. Und wir müssen ganz stark miteinander im Diskurs sein. Über Fragen von Medien, über Fragen von Werten, über Fragen von Demokratie, über Fragen des Zusammenlebens.

Inka Kiwit: Sagt Frau Kathrin Demmler, Direktorin des JFF, des Medienpädagogik-Instituts in München. Vielen lieben Dank für das wirklich schöne Gespräch, Frau Demmler.

Kathrin Demmler: Ich bedanke mich bei Ihnen.

Inka Kiwit: Ja, was für ein gutes Gespräch. Und was für eine schöne Vision von Frau Kathrin Demmler. Ich nehme ganz viel mit aus dem Gespräch, vor allem: Wir müssen der Generation Alpha zuhören, Interesse zeigen, immer einen Blick darauf haben, was Kinder gerne machen und nutzen. Und ich hoffe, dass Medienkompetenz besser heute als morgen zentraler Bestandteil des Bildungsauftrags wird. In den Shownotes haben wir für Sie übrigens noch ein paar Links eingefügt zu Inhalten und Informationen über die Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen, die uns Frau Demmler nach dem Gespräch noch zugesendet hat. Also ich hoffe, sie sind auch bei unserem nächsten Folgen mit dabei. Alle zwei Wochen immer am Mittwoch, und zwar ganz einfach zu finden in der ARD-Audiothek, auf den gängigen Podcast-Plattformen und durch das KiKA-Kommunikationsportal. Bleiben Sie gesund und bis zum nächsten Mal. Ciao.

[Outro]: Generation Alpha - Der KiKA Podcast

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