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Transkript zu Episode 12: „Kein Mensch braucht Einheitsbrei.“ Die Digitalisierung ändert die Arbeit für Medienschaffende radikal. Dr. Astrid Plenk (Programmgeschäftsführerin KiKA) und Philipp Schild (Programmgeschäftsführer funk) sprechen mit Daniel Fiene darüber, wie Content für spezielle Zielgruppen heute entwickelt wird.

„Wir laden unsere Marke permanent positiv auf.“ Astrid Plenk und Philipp Schild wissen, welche Zielgruppen KiKA und funk auf welchen Geräten nutzen. Aber wie wird neuer Content für die jungen Nutzer*innen relevant?

Philipp Schild: Ganz ehrlich: Kein Mensch braucht irgendeinen Einheitsbrei im Netz. Du willst etwas, was Charakter hat, was lebt, was für eine Zielgruppe gemacht ist, die das wirklich feiern. Und deswegen gehen wir ganz eng runter in der Zielgruppen-Analyse und bauen unsere Formate für eine ganz spezielle Zielgruppe.

[Intro] „Generation Alpha – Der KiKA-Podcast“

Daniel Fiene: Ich lade Sie ein, kommen Sie, lassen Sie uns doch einmal in unsere Kindheitszeit zurückreisen. Lassen Sie uns einmal bei der Lieblingsfernsehsendung stoppen, die wie immer auf keinen Fall verpassen wollten. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht - Ich wäre dir ja total gerne dabei gewesen, als das Format erfunden wurde. Wie haben die das gemacht? Ein bisschen können wir uns das ja schon denken, wie das wohl abgelaufen sein mag, egal ob jetzt Pippi Langstrumpf oder Michel aus Lönneberga. Die basierten ja auf Büchern. Wenn wir heute unsere Reise in die Zukunft machen, wie Kinder und Jugendmedien auch in Zukunft ihre Formate so entwickeln können, um auch für junge Menschen nicht nur gefunden, sondern auch relevant zu sein, dann werden sie sehen: Sehr viel Zukunft findet heute schon statt. Diese Art zu arbeiten, die hat sich noch nicht in der gesamten Medienbranche so durchgesetzt. Und ja, das Wort künstliche Intelligenz, das wird auch fallen.

Daniel Fiene: Mein Name ist Daniel Fiene. Willkommen zu dieser neuen Podcast-Episode. Der Titel: „Was heißt eigentlich innovativ? Plattformspezifische Formatierung für Kinder und Jugendliche.“ Mit dabei ist Philipp Schild. Er ist Programmgeschäftsführer von funk. Das ist das Content-Netzwerk von ARD und ZDF. Die Inhalte finden wir auf YouTube, Instagram, Facebook, Snapchat und TikTok sowie auf funk.net. Dort gibt es über 60 verschiedene Kanäle, und funk verspricht uns informierende, kritische und unterhaltende Videos, um Menschen zwischen 14 und 29 Jahren zu erreichen. Wie wird aber die Generation Alpha funk verändern. Hören wir uns mal die Vision von Philipp Schild an.

Philipp Schild: Naja, für die Generation Alpha, die sind ja quasi an der Türschwelle zu funk. Die brauchen wir in auch so ein, zwei Jahren. Dann kommen die in unser Zielgruppenspektrum rein. Das ist eine spannende Zielgruppe, weil es einfach eine Zielgruppe ist, die erfordert, dass wir in eine Hyperpersonalisierung gehen und dass wir uns als Medienunternehmen auch so aufstellen, dass wir einfach hochgradig agil sind und reagieren können. Dass wir viel KI und Machine-Learning-Expertise haben, um überhaupt in der Lage zu sein, auf die Bedürfnisse zu reagieren. Und ich glaube, dass in dieser Zielgruppe - das ist jedenfalls so das was ich glaube, was kommen kann - es immer wichtiger wird, dass wir uns überlegen, wie wir den Aspekt der Gemeinschaft sehr stark in den Vordergrund wieder rücken können. Denn ich glaube, das ist was, was auch in den letzten Jahren, und was sicherlich auch prägend wird für diese Zielgruppe, ein Stück weit gefehlt hat.

Daniel Fiene: Auf diese Vision baut auch die von Dr. Astrid Plenk auf. Die Programmgeschäftsführerin von KiKA diskutiert in dieser Episode mit uns und hat schon wegen der Altersausrichtung des Kinderkanals als erste mit der Generation Alpha zu tun.

Astrid Plenk: Also ganz klar, so wie es eigentlich im Kindersegment und im Jugendsegment, also sprich funk, auch jetzt schon gemacht wird, ganz klar von der Zielgruppe aus denken und im Sinne der Nutzerinnen und Nutzer agieren. Das ist, glaube ich, extrem wichtig, dass eben Strukturen nicht behindern, sondern eher befördern sollen. Also sprich, die Agilität ist dabei glaube ich sehr wichtig für unsere tägliche Arbeit, all die Zielgruppen, die funk und KiKA im Visier haben, die sind agil. Und so müssen wir uns letztendlich in unseren Themen und in unseren Arbeitsabläufen gemeinsam auch aufstellen, dass wir einfach schnell sind, dass wir reagieren können und dass wir es noch besser schaffen, diese Zielgruppen ineinander übergehen zu lassen und für die Angebote aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch begeistern können.

Daniel Fiene: Tauchen wir jetzt also gemeinsam ab in die Werk- und Denkstätten, in denen genau das versucht wird: Für junge Menschen relevante Inhalte zu erstellen. Zunächst hatte ich beide begrüßt.

Philipp Schild: Vielen Dank Daniel, dass ich da sein darf. Ich freue mich auf das Gespräch mit euch.

Daniel Fiene: Astrid, schön auch dass du wieder dabei bist und wir wieder eine Podcast-Episode für die Generation Alpha aufnehmen.

Astrid Plenk: Ich freue mich auch sehr auf den heutigen Podcast.

Daniel Fiene: Ich habe übrigens von der Redaktion, nur zum Beginn, da habe ich wieder so ein perfekt auf die Gäste zugeschnittenes Spiel bekommen. Ich mache das gerade mal auf, was die heute vorbereitet haben.

Astrid Plenk: Du bist beim KiKA.

Philipp Schild: Es hat mir keiner gesagt, dass ich hier was spielen muss und das scheint ja gefährlich zu sein, was da rauskommt aus der Tüte, wenn ich deine Geräusche interpretieren darf.

Daniel Fiene: Also ich freue mich auf dieses Spiel. Das ist wirklich toll, dass wir hier ein 20-köpfiges Redaktionsteam haben, was sich allein auf dieses Spiel hier konzentriert und auch mit vorbereitet. Und zwar ist es das Spiel mit dem Titel „Der perfekte Termin“. Und zwar möchten wir gerne den korrekten Termin von euch wissen, wann beliebte, generationsübergreifend-bekannte Kindheitsformate das erste Mal, wie sagt man heute, gedroppt wurden oder released wurden. Sprich, wann sind Sie auf Sendung gegangen, wie man halt so im old-fashion-linear-TV gesagt hat? Ich habe hier einige Formate, und ihr könnt beide - wer dann näher dran ist, gewinnt den Punkt - sagen, wann dieses Format das erste Mal halt dann da war. Hier hätten wir als Erstes eine Sendung…

Astrid Plenk: Könnten wir auch zusammen spielen und dann noch einen Telefonjoker benutzen oder ist das nicht mit in den Spielregeln?

Daniel Fiene: Ihr habt beide einen Fiene-Joker, den könnt ihr jeweils einmal ziehen und dann gebe ich euch vielleicht so einen kleinen Hinweis. Das erste Format, mit dem wir uns beschäftigen, heißt „Löwenzahn“. Peter Lustig hat das, glaube ich, ja sehr geprägt. Es lebt immer noch weiter. Philipp als Gast, du kannst gerne anfangen.

Philipp Schild: Ey, und fragst du mich in der Sendung, wo wir nach vorne denken sollen oder was? Okay, ich versuche es mal andersrum. Ich denke mal zurück. Ich würde jetzt mal total weit zurückdenken. Ich würde mal sagen ’81.

Daniel Fiene: Astrid, was sagst du?

Astrid Plenk: Ich muss mal kurz rechnen. Jetzt haben wir 2022. Ich würde sagen was hast du gesagt? ‘81 würde er bisschen höher gehen, vielleicht ‘85.

Daniel Fiene: Und der Punkt geht an Philipp. Es ist tatsächlich 1981, Wahnsinn.

Philipp Schild: Nicht dein Ernst. Da merkt man wirklich, dass ich auch alt bin, weil ich habe so überlegt: Habe ich's geguckt oder haben es meine Geschwister geguckt? Und dann habe ich irgendwie so die Vermutung gehabt, ich habs vielleicht früh geguckt, wobei mich das auch irritiert hat, weil ich durfte auch immer nur schwarz-weiß gucken. Also ich weiß, zum Beispiel war ich total enttäuscht, als ich gemerkt habe, als ich mitgekriegt hatte, bei Freunden, dass in der Sesamstraße, dass die alle bunt waren. Für mich waren das natürlich Tiere, die waren braun.

Daniel Fiene: Okay, die nächste Frage. Und zwar geht es um eine andere Serie. Und zwar heißt sie „Hallo Spencer“. Das beliebte Runddorf.

Astrid Plenk: Glaube ich muss jetzt den Telefonjoker Fiene nehmen und den von Philipp in der nächsten Frage gleich noch dazu, ehe ich mich hier noch komplett blamiere. Aber ich würde mal tippen es war in den 90ern. Da kamen die Puppen wieder, hatten wieder ein Revival. Neben Sesamstraße waren wieder mehr Puppenthemen unterwegs. Ich sag mal ’91.

Daniel Fiene: 1991. Vielen Dank. Philipp, was sagst du?

Philipp Schild: Ich habe den irgendwie noch in Erinnerung als Teil von einer Show, aber nur als so ein, wie so ein Sidekick oder als ein Element von einer Show, von der ich aber nicht mehr weiß, welche es war. Es war wahrscheinlich schon ein bisschen älter. Ich würde ein bisschen früher tippen. Ich würde vielleicht mal so, ich weiß es aber auch nicht, ich würde einfach sagen ein bisschen früher vielleicht. Dann sage ich mal ‘89.

Daniel Fiene: Der Punkt geht auch in diesem Fall dann an Philipp. 1979. Und dann kommen wir zur nächsten Serie, die hier mit vorbereitet wurden: „Pippi Langstrumpf“.

Astrid Plenk: Ja, das ist irgendwann in den 70ern gewesen, oder?

Philipp Schild: Glaub auch. Ich würde auch sagen, das gab es schon immer. Also von daher gesehen würde ich jetzt mal... ich verrate doch nicht mein Geburtsdatum.

Daniel Fiene: Wenn du magst, darfst du auch loslegen.

Philipp Schild: Äh, ich sage mal, ich, ach keine Ahnung. Ich sage nochmal ‘79

Daniel Fiene: Ok 79. Astrid, was sagst du?

Astrid Plenk: Ich verrate jetzt mal mein Geburtsdatum. Ich sag ‘76.

Philipp Schild: Ey, wir sind zwei 76er*innen. Gutes Jahr.

Daniel Fiene: Und Astrid, damit geht der Punkt an dich.1971 ist es gewesen. Und da kommen wir auch schon zur letzten Fernsehserie, die wir uns hier nochmal rausnehmen können. „Die Sendung mit der Maus“. Wann ging es da los?

Astrid Plenk: Das wissen wir jetzt beide gemeinsam. Die hatten 50 Jahre letztes Jahr, dann rechnen wir mal mal runter. Was, wann ging es dann los? 2021 minus 50. Das ist das Jahr als „Die Sendung mit der Maus“ losging.

Daniel Fiene: Das ist richtig. Das war 1971. Sehr schön. Da würde ich sagen, der Punkt geht an euch beide. Beide haben gewonnen, würde ich sagen. Und das ist ja auch das Ziel von funk und KiKA. Wenn es darum geht, ihre Zielgruppen auch in 25 Jahren noch genauso zu erreichen. Wie die Zielgruppen dann genau aussehen werden, da hab ich nichts Konkretes aus den beiden herauskitzeln können. Das ist auch verständlich. Nehmen wir einmal das Beispiel funk. Das Netzwerk gibt es jetzt erst im sechsten Jahr, und da hat sich schon einiges verändert.

Philipp Schild: Na, ich glaube die Präferenzen in den unterschiedlichen Teilzielgruppen, die funk hat, für die unterschiedliche Medienarten... Es hat sich halt deutlich verändert und das ist durch die Endgeräte getrieben. Ich glaube, das ist was, was wir deutlich sehen. wenn wir uns zum Beispiel mal den chinesischen Medienmarkt angucken, wo einfach, ich glaube 80% der gesamten, also ein hoher Anteil, der gesamten Mediennutzung eben auf mobilen Endgeräten oder der gesamten Internetnutzung auf mobilen Endgeräten in der gesamten Bevölkerung schon stattfinden. Und das hat natürlich Auswirkungen auf die Art, wie Medien konsumiert werden und führt dazu, dass eben auch nicht zufällig aus Fernost dann Medientrends zu uns kommen, die zum Beispiel Hochkant-Videos sehr stark befeuern und eben auch kürzere Videos, also short-form-Videos. Und das ändert natürlich das Mediennutzungsverhalten von den jüngsten Zielgruppen, die wir haben, sehr stark. Ich würde jetzt nicht sagen, das andere Formen heute nicht mehr funktionieren, bei funk so generell. Sondern ich, und ich würde auch noch nicht mal sagen, dass wir gerade beobachten können, dass YouTube jetzt überhaupt nicht mehr relevant ist, sondern ich würde einfach sagen, dass es eine Präferenz in jungen Zielgruppen gibt, auch short-form-Videos zu nutzen und es gibt aber auch weiterhin Bedarf für lange Videos. Zumindest sehen wir das bei uns im Netzwerk so.

Daniel Fiene: Astrid, wie sieht die Mediennutzung der ganz jungen Generation aus. Denn ich glaube, so richtig wissen wir das als Erwachsene gar nicht. Wie werden die Inhalte von den Kindern tatsächlich genutzt?

Astrid Plenk: Ja, die Medienzeit ist halt viel vielfältiger in der Nutzung. So wie die Zielgruppe agil ist, sind sie auch agil in ihren Nutzungsthemen. Na also man schaut halt Inhalte auf unterschiedlichen Geräten und technischen Prämissen - so wie Philipp es ja auch gerade beschrieben hat. Und man sucht sich natürlich dann auch Geräte entsprechend den Inhalt aus. Das sehen wir zum Beispiel an unserem Nutzungsmonitor, dass zum Beispiel, wenn man mal so ein Segment „Spielfilme für Kinder“ sieht oder Serien, die werden sehr, sehr klar über HbbTV angeguckt weil da meistens ein großer Screen dahinter ist und sage ich mal eher so snackable-Content, der wird halt sehr stark eben auch über das Mobiltelefon konsumiert. Und so fängt das ja bei den ganz Jungen auch schon an. Das sind die Inhalte ja meistens auch kürzer, sodass man sehr stark mit Medieneinstieg, ja über die mobilen Geräte wie iPad oder eben auch Handy, weil natürlich die Eltern, junge Eltern, genau schon anders Medien nutzen wie spätere oder ältere Generation. Und das überträgt sich dann natürlich ganz klar auch auf die nachfolgenden Kinder, die kommen.

Philipp Schild: Aber das ist für mich die größte Erkenntnis, wie unterschiedlich Zielgruppen sein können, auch innerhalb von einem bestimmten Altersspektrum. Das ist wirklich etwas, was man sich immer wieder so klarmachen muss und was uns auch an vielen Stellen, glaube ich, schadet, weil wir, wenn wir zu breit in die Formatierung gehen, mit Formaten, glaube ich ganz generell, Chancen vertun weil ganz ehrlich: Kein Mensch braucht irgendeinen Einheitsbrei im Netz. Du willst etwas, was Charakter hat, was lebt, was für eine Zielgruppe gemacht ist, die das wirklich feiern. Und deswegen gehen wir ganz eng runter in der Gruppenanalyse und bauen unsere Formate für eine ganz spezielle Zielgruppe. Und testen Sie dann auch an dieser Zielgruppe und gehen dann an den Markt und optimieren sie dann auch mit einer kleinen Community mit den Nutzungsdaten, die wir sammeln. Wir sind ja sehr stark datengetrieben, bis sie dann die Chance haben, so groß zu werden wie zum Beispiel eine Mai Thi, die bei uns mit Mailab angefangen hat und heute einfach super bekannt ist. Und davon haben wir ja relativ viele Beispiele.

Astrid Plenk: Ja, ich sage ja immer die größte Herausforderung ist, dass wir eine Zielgruppe haben, der wir schon lange nicht mehr angehören. Und sozusagen ja Programme oder Inhalte/Content kreieren sollen, wo wir ja schon ein Stück weit weg sind. Und deswegen ist es, glaube ich, sehr sehr wichtig, wie Philipp es auch schon sagte, frühzeitig die Zielgruppen einzubinden in Entwicklungen, in Intestings und so weiter. Aber auch schon viel früher, wenn es um Themen geht, also welche Themen interessieren überhaupt, welche sollen denn überhaupt da erzählt werden? Und wie? Und besonders herausfordernd ist natürlich da die Zielgruppe, sage ich mal "10+", die dann auch dann später, dann in funk-Angebote… Und in diesem Alter passiert halt unheimlich viel. Also Kinder sind halt so, die sind noch nicht erwachsen, aber fühlen sich auch nicht mehr als Kind. Und da passiert so viel zwischen. Ich wäre eigentlich noch irgendwie mal so etwas wie Sandmännchen gucken, das will ich zulassen. Aber eigentlich will ich auch schon den Scheiß haben, den Funk anbietet oder auch ProSieben oder so. Wenn man jetzt mal sagt, da sind ja dann auch schon viele Angebote, wo man sieht, ProSieben ist jetzt auch noch als linearer Anbieter sehr jung, letztendlich in einer Ansprache auch. Und da sehen wir immer bei bestimmten Angeboten, dass da unsere Zielgruppe dann auch hingeht oder auch wieder zurückkommt und hin- und herwechselt. Und deswegen haben wir gerade bei den zehn- bis 13-Jährigen sehr klar nochmal gesagt: Wie kommen wir denn an die Themen und an die Spezifika auch ran? Und Philipp sagte es ja. Es muss ein sehr spitzer, orientierter Inhalt sein, der nicht ein Einheitsbrei ist, sondern ganz klar sehr individualisiert anspricht. Und wir haben jetzt im letzten Jahr uns mit Personaentwicklung beschäftigt und haben eben für diese zehn- bis 13-Jährigen unterschiedliche Persona aufgestellt und anhand dessen werden die Formate entwickelt. Und wir sind gerade auch im Pilotierungsthemen, wo wir natürlich dann auch wieder noch stärker mit der Zielgruppe, ja, diese Sachen abprüfen - "abprüfen" klingt jetzt immer so mmh - nun aber auch testen. Und da finde ich es eben auch sehr, sehr spannend. Wenn man dann sagt, man guckt sich das an, und man denkt sich so: Oh ja, okay, halte ich das jetzt 10 Minuten durch in der Erzählform? Und du guckst in die Gesichter der Zielgruppe und die giggeln jetzt nicht, weil sie es doof finden in dem Falle, sondern weil sie voll abgehen. Ja, und da sieht man dann schon mal: Okay, das ist da auch nicht geschmacksrelevant, was vielleicht gerade der Redakteur, Redakteurin oder sonstiger gut findet, sondern es muss sozusagen.. Die Expertisen müssen zusammenkommen. Und dann kriegt man einen starken Content.

Daniel Fiene: Wobei ich jetzt natürlich sagen musste: Na gut, es ist ja schon irgendwie immer der Job von Journalist*innen oder Autor*innen gewesen, sich in andere Zielgruppen reinzudenken, wenn man Inhalte für sie erstellt. Das ist ja… Philipp schüttelte den Kopf.

Philipp Schild: Ja, weil das ist der größte Irrtum, dass wir das können. Also ich glaube natürlich, dass wir wichtige Themen setzen müssen. Ich glaube natürlich, dass Journalist*innen auch im Fokus haben können und dass sie wichtige Themen in einer Art und Weise aufbereiten können, wie sie für andere Menschen dann auch, also eine Relevanz haben, weil sie was bewegen. Und das ist auch unser Auftrag, auch gerade im Netz. Im digitalen Raum muss man sich klarmachen: In unseren Zielgruppen liegt das Meinungsbildungsgewicht einfach schon zu einem riesigen Teil, also mehr als die Hälfte, im Internet. Und unser Auftrag ist die, in diesen Prozess der individuellen und gesellschaftlichen Meinungsbildung, eben gut zu begleiten, indem wir dort Informationen und die Grundlagen bereitstellen, damit unsere Zielgruppen eben in diesem Prozess sich orientieren können. Und das ist so wichtig, dass wir sie dort erreichen. Und ich glaube nicht daran, dass wir - also ich kann das nicht und ich weiß auch, dass unser Team das so wahrnimmt - wir können nicht ernsthaft von uns behaupten, dass wir die Lebenswelten und die Lebensrealitäten unserer Zielgruppe wirklich komplett erfassen können. Das geht nicht. Aber - und das ist unfassbar wichtig in meiner Wahrnehmung und da müssen wir viel mehr machen - aber wir können ganz viel tun dafür, dass wir einen besseren Blick kriegen. Und das ist was, was mich total begeistert im Moment und wo ich auch merke, dass wir Riesenschritte gehen. Und das ist bei funk so schön zu sehen, weil Empörungswellen, dass wir uns da eine Klarheit verschaffen, wie die entstehen und besser monitoren können. Und ist ganz stark in eine Richtung auch gelaufen mit technischer Qualifikation, dass wir überhaupt den Muskel haben, uns da ein gutes Bild zu machen - Früh! Und wir haben in dem Zusammenhang dann eine Maschine gebaut, die Sentiments erkennen kann, also Stimmungen in unseren Kommentaren. Wir haben heute eine Maschine selber gebaut, die mit einer 93-prozentigen Vorhersagewahrscheinlichkeit erkennen kann, ob ein Kommentar positiv oder negativ ist - unter unseren Kommentaren. Und das ist so wichtig, weil ihr müsst euch vorstellen, wir kriegen hunderttausende Kommentare in einem Monat. Das kann man zentral überhaupt nicht überblicken und erfassen. Und da kann man jetzt ganz viel mit machen, was wirklich wichtig ist, auch um so ein Netzwerk zu steuern. Man kann zum Beispiel erkennen, an welchen Stellen negative Diskurse entstehen und sich ganz schnell darauf konzentrieren und fokussiert gucken: Entsteht da was? Gibt es eine Empörungswelle, die vielleicht auch, weil berechtigterweise Kritik geäußert wird oder was auch immer. Wir können besser reagieren und darauf eingehen. Aber etwas anderes ist aus der Perspektive, aus der du deine Frage stellst, wichtig und das haben wir beim Ukraine-Krieg gesehen. Am zweiten Tag von dem Ukraine-Krieg hatten wir 30.000 Kommentare unter Videos zu dem Thema und da haben wir diese Sentiment-Analyse über diese 30.000 Kommentare laufen lassen und haben gefiltert: Was sind die negativsten Sentiments in diesen Kommentaren? Haben uns die 500 negativsten Kommentare rausgeholt, haben die geclustert und haben geguckt, was sind denn die drängendsten Sorgen, Nöte, Fragen in unseren Zielgruppen. Und dann kommen Sachen hoch, die du nicht unbedingt aus deiner Binnenperspektive so hoch vielleicht wahrnehmen würdest, wenn du so machst, weil du, und das ist neu, über eine riesige Menge von Daten Dinge herausfinden und dann verstehen: Okay, eine der krassesten Sachen für unsere Zielgruppe - das haben wir sehr früh verstanden darüber -  ist, dass sie nicht wissen, wie sie mit diesen Ängsten, die sie gerade haben wegen dieses Kriegs - weil die sind das ja nicht gewohnt. Die haben so etwas noch nie gehabt. Die haben den Kalten Krieg nicht erlebt - Mit diesen Ängsten umzugehen, war für die einer der größten Fragen. Und wir haben gesehen, welche Verschwörungserzählungen sind groß und welche Programmstrategie können wir darauf ableiten, die darauf ausgerichtet war, den Menschen da wirklich zu helfen, auch in der Fragestellung zum Beispiel, Antworten zu liefern. Wie gehe ich jetzt in dieser Zeit mit meinem Medienkonsum um, sodass es mir gut geht? Und ich glaube, das sind so Sachen, an die Journalisten nicht sofort denken, wenn sie so eine, so ein Problem/Konflikt wahrnehmen und sich überlegen, wie/was erzähle ich jetzt über den Konflikt und das finde ich wichtig und neu. Und das ist für unsere Zielgruppen, glaube ich, auch etwas, was wir echt nicht aus den Augen verlieren dürfen in der Zukunft. Denen geht es manchmal richtig schlecht, und wir müssen das erkennen können. Denn auch die Pandemie war so eine Zeit einfach.

Daniel Fiene: Diese Auswirkungen, die ihr gerade beschreibt. Welchen Einfluss hat das denn heute schon? Zum Beispiel in fiktionalen Werken auf die Charakterentwicklung? Also wie denkt man heute neue Charaktere? Ich glaube wahrscheinlich nicht: Hier steht sie bei Episode Eins und zum Staffelende soll sich diese Persönlichkeit in diese bestimmte Richtung entwickelt haben? Denn heute gibt es ja doch so viel mehr Ausspielwege und parallel Absplitterung. Welchen Einfluss hat das auf die Entwicklung? Wie funktioniert das? Wird es noch aus dem linearen Produkt abgeleitet oder werden Charaktere auch heute schon anders gedacht?

Astrid Plenk: Also ist es an manchen Stellen zugegebenermaßen schon noch so, dass man natürlich, sage ich mal, ein lineares Produkt denkt, oder ich sag mal, es ist eine Animationsserie, die sehr klar sozusagen in den Prämissen ist und dann sagt: Okay, was kann ich denn jetzt mit diesem Inhalt noch tun, um auf anderen Ausspielwegen entsprechend mit diesen Charakteren oder mit diesen Inhalt ein auch zu punkten und umzugehen. Aber es wird immer mehr und das ist sicherlich das, was uns von funk noch unterscheidet. Dass wir noch so dieses Beides haben und ihr schon natürlich ganz klar von den Ausspielwegen her auch von Anfang an geplant habt. Das tun wir natürlich jetzt auch, dass wir sagen: Das Thema XY, wo wollen wir das jetzt zuerst veröffentlichen? Es ist nicht so, dass das lineare immer das ist, wo man zuerst hingeht, sondern daraus auch sagt: Okay, wir haben hier eine spannende Geschichte, die wollen wir so erzählen, dass sie sehr gut auf YouTube funktioniert, dass sie auf den digitalen Ausspielwegen des Kinderkanals sind. Und das wird kein Angebot sein, was uns im Linearen etwas an Aufmerksamkeit oder das bringt, dass die Kinder finden oder auch da vermuten, weil sie ans Lineare eben noch andere Prämissen haben. Aber sie finden und konsumieren es dann natürlich auf den Wegen, wo es publiziert wird. Und entsprechend so ist es auch inhaltlich schon aufgebaut. Und was ja auch ein wesentlicher Punkt ist, dass man viel stärker auch in den Entwicklungen von Charakteren - sind wir auch wieder dabei - einfließen lässt, wie sich Charaktere auch entwickeln sollen mit der Zielgruppe und dass man ja auch Formate baut oder Content baut, wo man innerhalb des Prozesses durchaus auch noch wählen kann. Wie soll die Geschichte weitergehen? Welchen Charakter möchte ich eigentlich weitererzählt haben? Und all diese Möglichkeiten kommen natürlich auch durch die Formen der unterschiedlichen digitalen Veröffentlichungen auch noch mehr zu tragen, weil man es auch schneller umsetzen kann und entsprechend auch relativ schnell Feedback einfahren kann, um das wieder einfließen zu lassen in das, was dann an Inhalten auch wieder weiter entsteht.

Philipp Schild: Im Grunde genommen in der Konzeption der Geschichte schon sehr stark die Zielgruppen mit einbinden. Es gibt auch bestimmte Entwicklungsmethodik, die da vielleicht ein bisschen in den Fokus geraten. Da ist ja die Vorlage sozusagen für unsere Erfolgsformatierung im Fiction-Bereich - „Druck“ - ist ja es ja genau mit so einer NABC-Methodik entwickelt worden, wo man erstmal guckt: Ja, das ist nur, dass es etwas, wo man sich wirklich erst mal über so Interviews in der Zielgruppe den relevanten Themen, die für eine Zielgruppe wirklich richtig wichtig sind, nähert und erstmal gar nicht so sehr im Fokus hat, was will ich denn für eine Geschichte erzählen, sondern wirklich über Zielgruppeninterviews sich ein sehr breites Bild macht darüber, was in einer sehr spitzen Zielgruppe wieder Themen sind, die beschäftigen und bewegen und dann erst überlegt, was kann man, was kann man daraus für eine Geschichte ableiten und was für Charaktere könnten für so eine Zielgruppe relevant und spannend sein und sich im Grunde genommen dann immer die Frage stellt, was ist für die Kernzielgruppe selbst spannend. Und was kann vielleicht noch so ein erweitertes Spektrum von nicht unbedingt mehr in der Zielgruppe befindlichen Kreisen noch reinziehen? Und bei so einer Formatierung kann man sich da glaube ich schon annähern, dass man am Ende einen Stoff hat, der der richtig gut die Nitz trifft. Und das N steht für Nit, so. Also ich glaube, das ist ja, das ist schon also das ist schon dann auch ein bisschen einfach. Man mag, ich glaube, man kann auch nicht einfach mehr reinstolpern. Und das machen wir aber ehrlich gesagt gar nicht mehr. Also wir sind in allen unseren Formatentwicklungen in einem sehr starken Prozess, wo wir, wo wir wirklich darauf achten, sind so Kernfragen geklärt? Und ist es nicht nur sozusagen ein Thema, was da irgendwie angerissen wird und vielleicht noch ganz nett umgesetzt wird, sondern ist es wirklich aus der Zielgruppenperspektive gedacht. Ist es mit an der Zielgruppe getestet? Ist es am Ende ein Produkt, wo man auch darüber nachgedacht hat, wie es über bestimmte Plattformen und Mechaniken eben leben kann und funktionieren kann. Und das gilt dann zum Beispiel auch für unsere Fiction-Ansätze. Wenn man zum Beispiel auf so einer Fiction wie „Iam.josephina“ guckt, die eben sehr erfolgreich auf Snapchat und TikTok zum Beispiel ist, dann kann man das sehr gut sehen, dass auch die ganze Produktionsart einfach auf diese Plattformen und Hochkant natürlich ausgelegt ist. Muss ja und aber auch dann konsequent eben in einem authentischen Grundsetting produziert wird, nämlich mit einem Handy in der Hand. So und ich meine, das ist einfach. Aber es ist ungefähr die wichtigste Grundlage dann, damit du auch eine Akzeptanz hast.

Daniel Fiene: Die von euch beschriebenen Punkte können wir auf jeden Fall mit in die Zukunft nehmen, um relevante Inhalte anbieten zu können. Also dass man stärker auf die Bedürfnisse der Zielgruppe schaut und sich dann auch mit ihnen beschäftigt. In euren Visionen am Anfang habt ihr auch noch Punkte genannt, die eure Arbeit in Zukunft, ich sage es mal so, nicht einfacher machen werden. Einmal so technische Dinge, schauen wir gleich drauf. Und dann bin ich noch über ein anderes Wort gestolpert: Strukturen. Was meint ihr damit? Also wie behindern sie euch? Und wie könnte man sie verändern, damit ihr euren Job in 50 Jahren weiterhin gut machen können?

Philipp Schild: Ich kann euch ein Beispiel erzählen. Und das, ich glaube, das symbolisiert sehr stark, was passieren muss. Wir haben bei funk ja vor fünfeinhalb - ich glaube jetzt, na schon bald fünfeinhalb Jahren, sind wir gestartet in einer einfachen Struktur, die so eine flache Hierarchie im Grunde genommen war. Man kann sich das vorstellen, wie so: Chef an der Spitze, dann vier Abteilungen, alles recht schlank und ein paar Leute in den Abteilungen. Alles auch schon nicht so sehr hierarchisch geprägt, aber doch irgendwie da. Und was wir extrem schnell festgestellt haben, war - wir sind sowieso totalem Chaos geboren - erstmal festgestellt, dass wir mit allem überfordert waren. Vollkommen klar. Aber letzten Endes haben wir uns da auch helfen können. Ich habe zum Beispiel im Content sehr schnell Prozesse eingeführt, die zum Beispiel beschrieben haben, wie wir unsere Formate-Review nach einem bestimmten Schema und sozusagen jedes halbe Jahr gucken, haben wir bestimmt Ziele erreicht, die wir uns gesetzt haben und Metriken in den Fokus genommen haben, die wir uns dann für die nächste Mandatierungsdauer gesetzt haben und danach dann beendet haben, wenn diese Ziele nicht erreicht wurden. Wir haben eben diesen Formatentwicklungsprozess, der wirklich sehr komplex ist, bei uns aufgesetzt und haben uns daran gehalten, dass wir nicht immer wieder die gleichen Fehler gemacht haben. So etwas ist klar. Das sind die vorhersehbaren Dinge, die immer wieder passieren, für die man relativ einfach Antworten finden kann. Was uns aber total herausgefordert hat, war also schon die Komplexität der Qualifikationsanforderungen in unseren Teams. Es ist ja nicht mehr so, dass wir nur noch gute Journalist*innen und Redakteur*innen und, keine Ahnung, auf einem bestimmten Fachgebiet kompetente Menschen gebraucht haben, sondern - die haben wir auch noch gebraucht - aber wir haben Facebook-Expertisen gebraucht, und zwar wirklich die besten. Wir haben Menschen gebraucht, die YouTube verstanden hatten und die ganzen Mechaniken dort, wir haben, also wir haben unfassbar viele Fachexpertisen gebraucht, und du kannst nicht all-in-one finden. Du musst Menschen holen, die Fachexpertise haben und daraus eine Struktur bauen, in der dieses Wissen sich irgendwie austauschen kann. Das ist die erste Herausforderung. Und dann ist es so geworden. Das hat dann es hat aber auch ganz gut gepasst über eine gute Kultur, dass sich das auch wirklich so ergeben hat, dass bei uns eine offene Kultur entstanden ist, wo man immer alle fragen kann und wo Menschen auch wirklich sich helfen. Und das hat eigentlich schon ganz gut funktioniert. Aber was sofort passiert ist - oder besser gesagt nach zwei Jahren haben wir das deutlicher gemerkt - wenn Dinge unvorhersehbar waren und irgendwie auf diese Struktur eingeprasselt sind. Ich sag mal, neue Plattformen sind gekommen, das Nutzungsverhalten hat sich geändert. Dann sind oft Fragen durchgereicht worden. Ich sage jetzt mal an die Chef*innen bei uns und wir saßen dann da und hatten ehrlich gesagt eine Frage auf dem Tisch liegen. Aber ja auch nicht die Antworten, weil wir sind überhaupt nicht die Expert*innen. Und das hat zugenommen, und wir haben uns irgendwann im Klein-Klein verloren, und ich glaube, das ist eine riesige Gefahr, wenn du eine Struktur baust, die mit einem wirklich in einem agilen Umfeld einfach unterwegs ist. Und wir haben damals unsere ganze Struktur umorganisiert und haben an Holokratie angelehnt uns neu strukturiert. Und das bedeutet heute, dass wir stark rollenbasiert arbeiten und dass die Menschen, die bei uns arbeiten, in einer Struktur arbeiten, die sich selber permanent verbessert. Die Mechanismen sind sehr komplex und die müsste ich erzählen - also in einer Extrafolge sage ich - aber letzten Endes, also jeder Mensch, der bei uns arbeitet, hat spezifische Rollen und in diesen Rollen Verantwortung übertragen bekommen, die er dann aber auch wirklich beanspruchen darf für sich oder sie. Und das bedeutet, dass Menschen bei uns anfangen, Entscheidungen zu treffen ohne sich permanent abzusichern. Und das ist so wichtig. Es ist so wichtig, und es ist, glaube ich, auch der große Unterschied zu lange gewachsenen Strukturen, bei denen ich feststelle, dass sie sich häufig dann irgendwann selber im Weg stehen, weil dueinen totalen Zielkonflikt hast, wenn du irgendwie auf der einen Seite die Kontrolle über alles haben willst, es auf der anderen Seite aber natürlicherweise als Manager*in nicht mehr auf der Fachebene alles durchdringen kannst. Und je komplexer der Markt wird, in dem wir unterwegs sind, desto wichtiger ist das. Und das konkrete Beispiel dazu ist: Weil was passiert dann? Menschen werden empowert. Die verstehen auf einmal, sie können das und sie treffen geile Entscheidungen. Manchmal treffen sie auch scheiß Entscheidungen, so wie aber auch jeder Chef oder jede Chefin. Und das ist dann okay so. Und wenn dieses Bewusstsein reift und daraus eine gute Kultur entsteht, dann passiert Folgendes: Dann werden wir auf einmal in Frage gestellt mit Sachen, die wir denken, dass sie richtig sind, wenn es mal, wenn sie nicht richtig sind. Und das ist wertvoll. Und das zum Beispiel habe ich so erlebt. Wir haben eine Markenstrategie gemacht, die ja wirklich richtig klug ist und die anders ist als viele andere Sendeanstalten sie brauchen. Und es heißt, an der Stelle war es für uns auch oft schmerzhaft, dass das nicht verstanden wurde. Unsere Markenstrategie ist, wir machen die besten Inhalte ever. Wir bieten Sie den Zielgruppen an - Also wir versuchen es, manchmal schaffen wir es - Und wir bieten sie in den Zielgruppen. Und wenn Sie das dann sehen, dann ist die Hoffnung, dass sie es so geil finden, dass sie die Videos gucken bis zum Ende. Wenn das passiert, dann kriegen Sie von uns mitgeteilt, dass hier war von funk, von ARD und ZDF und wir laden unsere Marke permanent positiv auf. Das heißt aber eigentlich, dass der Beziehungskey zwischen den Formaten oder den Host*innen sage ich jetzt mal, den Moderator*innen bei funk und dem Nutzer*innen ist. Und da entsteht die Bindung und das haben wir richtig gut gemacht, finde ich. Und da ist dann ganz viel Erfolg drauf gewachsen. Und das haben wir dann geglaubt. Und wenn dann Menschen gekommen sind und gesagt haben: „Aber Ey, es ist so geil. funk ist doch total positiv aufgeladen nach zweieinhalb Jahren. Warum haben wir denn verdammt noch mal keinen Instagram-Kanal?" Dann haben wir gesagt: „Naja, weil die funk-Dachmarke nicht spricht." Okay, dann probieren wir es halt mal aus. Was soll denn passieren? Zur Not machen wir den Kanal wieder weg, wenn es nicht funktioniert. Ja, und heute ist unser Instagram-Kanal nach zweieinhalb Jahren glaube ich eine der, also wirklich unter den Top 15, der am schnellsten wachsenden Instagram-Kanälen in Deutschland. Und da sind wir wirklich mit Marken unterwegs, in die wirklich unfassbares Geld gepumpt wird, auf Instagram, und sind darauf richtig stolz. Und das ist wichtig. Also die Struktur darf nichts behindern. Und das ist echt auch schwierig, als Chef*in das auszuhalten? Aber es ist so so wichtig

Daniel Fiene: Aber die Strukturenfrage ist so schön, die möchte ich natürlich auch einen Astrid weiterreichen.

Astrid Plenk: Ja, ich finde es unheimlich spannend, was Philipp gerade ausgeführt hat. Wir haben natürlich nochmal andere Basics, mit denen wir umgehen müssen und was ganz Tolles. Dass alle Kolleginnen und Kollegen total motiviert sind, natürlich zu sagen, wie können wir diese Aufgaben für KiKA - für die Zielgruppe - in der Übertragung auch in die digitale Welt auch weiter vorantreiben. Da braucht es unterschiedliche Expertisen, die man vielleicht eben am Anfang so nicht hatte. So wie Philipp sagte: Es braucht jemand, der kennt sich da aus, da aus, da aus. Vorher brauchte es jemanden, der sich da und da und da auskannte. Jetzt brauchst du es aber doppelt, weil das bleibt und es ist auch noch wichtig, und da kommt Neues dazu, und es kommt immer wieder Neues dazu, und das andere geht wieder raus. Und das sieht man ja auch bei entsprechenden Nutzungsthemen. Instagram, Facebook war so groß. Jetzt ist Insta sozusagen reingeschossen. TikTok ist gerade in unserer Zielgruppe ja auch noch ein Riesenthema, und da müssen wir uns eben immer wieder neu aufstellen. Und deswegen braucht man hier natürlich eine Struktur - Struktur ist immer so ein schweres Wort - man braucht Arbeitsformen miteinander, die eben das nicht behindern. Und das ist es eine innerhalb der eigenen Unternehmung. Aber es ist auch wichtig, man kann sich ja nicht nur innerhalb der eigenen Unternehmung neu aufstellen oder agil aufstellen, wenn dann die Mitspieler, die man drumherum braucht, es nicht tun. Ja, also, das ist ja der Prozess, in dem wir gerade stecken, weil jedes Medienangebot - egal welcher Sender, egal welche Plattformen - jeder entwickelt sich gerade weiter und probiert sehr viel. Und das will ich auch noch mal unterstreichen. Wir sind jetzt in einer Zeit, wo wir probieren müssen, weil es gibt nicht das Patentrezept. Es gibt nicht den Weg A, der das nur ist oder B, sondern wir müssen viel ausprobieren, um die Learnings so zu haben, um bestmöglich miteinander zu arbeiten, um da den größtmöglichen Output zu haben für unsere Zielgruppen.

Daniel Fiene: Philipp, du sprachst am Anfang ja die Hyperpersonalisierung an. Astrid, da hatten wir in einer anderen Folge gemeinsam ja schon drüber gesprochen. Deswegen Philipp, die Frage an dich, gerade bei der Generation Alpha: Wie siehst du, wie die Hyperpersonalisierung aussehen könnte? Zumindest so aus der Forschung, wie du sie wahrnimmst. Und im zweiten Schritt: Was bedeutet das denn dann für Programmanbietende?

Philipp Schild: Eine Riesenherausforderung. Also weil einfach Milliarden von Dollar, oder was auch immer, gepumpt werden, in Systeme, die diese Hyperpersonalisierung schaffen können. Und das heißt, wir müssen Antworten auf die Frage finden: Wie können wir unsere Inhalte so konzipieren, dass wir unserem Auftrag nach wie vor gerecht werden können, obwohl Algorithmen in der Zukunft wahrscheinlich sehr stark entscheiden werden, was welche Gruppen erreicht? Und ich glaube, dafür müssen wir einfach unfassbar fit sein und Techniken auch gut verstehen. Und daher kommt auch ein bisschen meine so ja, diese Tendenz bei mir, in so Brandreden reinzugehen, wenn ich über KI oder Maschinenlearning rede, weil ich weiß, dass das schwierige Themen für manche Menschen sind. Und insbesondere in unserer Strukturen kriege ich oft Fragezeichen, so wenn ich darüber rede. Und ich versteh das schon, dass es natürlich auch was, wo Ängste mit verbunden sind. Aber wenn wir in der Zukunft noch in der Lage sein wollen, unseren Auftrag zu erfüllen und durchzusteigen und selber zu verstehen, wie diese Algorithmen funktionieren und wie Menschen noch erreicht werden und uns darauf basierend Distributionsstrategien bauen wollen, die absichern, dass wir in der Zukunft noch unseren Auftrag erfüllen können und alle Inhalte an unsere Menschen distribuieren können, dann werden wir zumindest in Teilen unserer Programmpalette wirklich gute Fähigkeiten entwickeln müssen. Und das ist, glaube ich was, wo ich glaube, wir müssen jetzt schon einen Fokus drauflegen.

Daniel Fiene: Ich werde jetzt zum Schluss noch so eine kleine Audio-Flaschenpost basteln und die dann auch noch in sämtliche KIs, die uns zur Verfügung stehen, mit einbauen und da habt ihr jetzt die Gelegenheit, eine Notiz an euch selbst oder an eure Nachfolger*innen zu schicken. Was möchtet ihr mit auf den Weg geben, wenn wir diese Audiobotschaft in 25 Jahren ausgespuckt bekommen, passend zu unserer Überschrift: „Was heißt hier eigentlich innovativ - plattformspezifische Formatierung für Kinder und Jugendliche“. Philipp, fang du doch gerne an.

Philipp Schild: Also wenn ich in 25 Jahren mich nochmal selbst adressieren kann, dann hoffe ich, dass ich weiter den Respekt nicht verloren habe, in den nächsten 25 Jahren, vor dem, was ich da mache und ein bisschen die Demut und gleichzeitig aber nicht ängstlich geworden bin. Das heißt also schon mutig nach vorne gehen, aber gleichzeitig auch nicht das Gefühl haben: „Wir sind hier die Allergeilsten. Jetzt haben wir es verstanden“, weil das das ist morgen schon wieder vorbei. Also immer ein Stück weit, respektvoll und demütig der Zielgruppe und den Aufgaben gegenüber bleiben und sich selber vielleicht auch nicht zu ernst nehmen. Dann lieber die Mitarbeitenden ernst nehmen, die in der Regel in den Fachexpertisen mehr Ahnung haben und da lieber mal genau hinhören, auch wenn was unbequem wird und man dann vielleicht eine Struktur über den Haufen schmeißen muss.

Daniel Fiene: Astrid, was packst du in dieser Audio Flaschenpost?

Astrid Plenk: Es ist immer blöd, wenn man dann sagt, man kann sich nur anschließen mit dem jetzt, was Philipp auch gesagt hat, weil ich finde, für mich ist der allerwichtigste Punkt oder die zwei Punkte: Auf der einen Seite immer eine gewisse Demut zu haben vor dem, was man tut, für wen man es tut, auch bei Erfolg sozusagen nicht immer zu denken: „Oh ja, komm, wir sind ganz vorne. Unsere Zahlen stimmen, und wir machen alles richtig.“ Deswegen machen wir schon lange nicht alles richtig. Und gerade in solchen Situationen finde ich es immer extrem wichtig, das wirklich zu reflektieren und weiterhin wirklich mutig zu bleiben und keine Angst zu haben, Sachen auszuprobieren und auch zu entscheiden. Weil Angst immer ein schlechter Ratgeber ist und man kann es auch nicht jedem und jeder recht machen, sowohl bei der Zielgruppe nicht, als auch im Kollegenkreis, in den Teams. Es sind immer, wenn Entscheidungen getroffen werden, die… ja, die einen finden es besser, die anderen finden es schlechter. Wichtig ist aber glaube ich, dass man es dann immer gemeinsam hinkriegt zu sagen, wir wollen jetzt den und den Weg einschlagen oder das und das probieren. Wir probieren es auch zusammen und dann aber auch aus vollem, aus voller Power heraus, mit den Kräften und Expertisen, die auch jeder dann einbringen kann, um ans Ziel zu kommen.

Daniel Fiene: Mir ist in diesem Gespräch sehr bewusst geworden, wie sehr die Digitalisierung bereits heute die Arbeit radikal verändert, wenn neue Inhalte für junge Menschen entstehen. Also das ist nicht nur das Anpassen von Büchern in ein Bewegtbildformat. Die Zielgruppe, die steht hier im Mittelpunkt. Die zu beobachten wie sie Medien nutzt, aber auch ihr bei der Entwicklung zuzuhören und auch mit ins Boot zu holen. Dabei lernen Medienschaffende viel, aber sie müssen auch immer bereit sein, das wieder zu vergessen oder zu hinterfragen. Ist das Wissen noch aktuell? Also eine komplett dogmenfreie Zone. Und das hat natürlich auch einen immensen Einfluss auf die Strukturen von Medienmarken. Alles, um relevant für das Publikum zu sein. Das nehme ich aus diesem Gespräch mit Philipp Schild von funk und Astrid Plenk von KiKA mit. Mehr Einblicke, auch wie KiKA arbeitet, gibt es auch in unseren anderen Episoden von diesem Podcast. Die gibt's immer mittwochs neu, alle zwei Wochen in der ARD Audiothek in gut sortierten Podcast-Apps und Verzeichnissen und im KiKA-Kommunikationsportal. Danke fürs Zuhören. Mein Name ist Daniel Fiene. Bis zum nächsten Mal. Bleiben auch Sie mit uns neugierig auf die

[Intro] „Generation Alpha – Der KiKA-Podcast“