Jetzt lesen

Transkript zu Episode 11: „Wir haben eine 360 Grad erlebbare Vorschulwelt geschaffen.“

Matthias Franzmann, Leiter der Redaktion Vorschule, im Gespräch mit Inka Kiwit über die explorativen Vorschulangebote bei KiKA, die Kinder unterhalten, fördern, bilden und beteiligen.

Inka Kiwitt: Hallo zu einer neuen Folge „Triff KiKA – Werkstattgespräche. Hier treffen sie auf Menschen, die für das Angebot bei KiKA verantwortlich sind. Ich bin Inka Kiwit, Redakteurin und Podcast-Moderatorin bei KiKA und freue mich, dass sie wieder mit dabei sind. Heute dreht sich alles um die Welt unserer Vorschulangebote. „KiKANiNCHEN“, „KiKA-Baumhaus“, „Stark mit Fidi“, das sind alles Angebote mit innovativen Bildungsansätzen für unsere jüngste Zielgruppe, die auch Eltern Orientierung geben und alle aktiv einbinden. Viel, viel mehr darüber weiß aber einer und das ist Matthias Franzmann, der Leiter der Redaktion Vorschule. Mit ihm spreche ich über das Entwickeln von Formaten für Medieneinsteiger*innen, wie diese die Bedürfnisse der Kinder erfüllen und wie die Kolleginnen und Kollegen es schaffen, die Balance zwischen Bildung und Unterhaltung zu halten. Also rein ins KiKA-Werkstattgespräch

Inka Kiwitt: Hallo Matthias, schön, dass du da bist.

Matthias Franzmann: Liebe Inka, hallo. Ich freue mich, dass wir uns heute austauschen.

Inka Kiwitt: Matthias ich habe die Welt der Vorschulangebote eben schon anmoderiert, und da würde ich ganz gerne einsteigen. Was macht diese Welt denn so besonders für Vorschulkinder? Wofür steht sie?

Matthias Franzmann: Na ja, also was wir machen, ist ja auf jeden Fall, den ersten Medienkontakt für junge Mediennutzende. Also wir sind der allererste Kontakt, hoffen wir zumindest, für Kinder, die Medien entdecken. Und so haben wir auch damals KiKANiNCHEN entwickelt, als eben so ein ganz typisches Einsteigerformat, was die Kinder am Anfang irgendwie nicht überfordert, aber ihnen trotzdem gute Unterhaltung bietet. Und dass das ja das Besondere bei uns ist. Und wir haben uns da für eine Figur entschieden, mit Kikaninchen, die ja die Kinder auch repräsentiert. Die Kinder erkennen sich darin wieder und haben so einen Begleiter im Grunde genommen, der sie auf Augenhöhe trifft und sie können sich identifizieren. Das war uns auch wichtig, bei KiKANiNCHEN zum Beispiel eine Figur zu entwickeln, die geschlechtsneutral ist. Also manche sehen trotzdem durch den blauen Hasen eben ein Jungen darin. Aber wir gucken halt, viele Mädchen sehen eine Freundin in KiKANiNCHEN. Viele Jungs sehen einen Freund in KiKANiNCHEN und das war uns einfach wichtig, sie vorurteilsfrei auch ins Programm zu holen, ihnen Möglichkeiten zu geben, Programme kennenzulernen. Darum gibt es auch verschiedene Plattformen: Online gibt es Sachen zu entdecken, die wir auch so gebaut haben, dass die Kinder sie halt alleine entdecken können, explorativ sich irgendwie durch das Netz surfen, aber natürlich gerne auch mit den Eltern zusammen. Manche Produkte haben sich ja von selbst entwickelt, das „KiKA-Baumhaus“ zum Beispiel. Was eine zweite, sehr große Baustelle bei uns, eigentlich ist in der Redaktion Vorschule hier in Erfurt. Das „KiKA-Baumhaus“ ist aus dem Wunsch der Kinder entstanden, dass sie sich mitteilen wollen. Sie haben uns früher ganz viel Bilder geschickt und wir haben überlegt, es muss doch eine Möglichkeit geben, die Bilder der Kinder zu zeigen. Also Kinder wollen auch aus ihrer Lebenswelt berichten einfach, möchten in Kontakt treten. Und so ist das Baumhaus entstanden vor nunmehr 15 Jahren, wo wir jeden Abend zum Verabschieden der jüngeren Zielgruppe einfach ihre Bilder zeigen, ihnen Geschichten erzählen und mit den in den Austausch kommen.

Inka Kiwit: Würdest du sagen ihr habt Rituale geschaffen, so ein richtig verlässlicher Partner?

Matthias Franzmann: Das würde ich zu hundert Prozent bestätigen, ja. Also das „KiKA-Baumhaus“ zeigt ja auch, dass wir da, wir nennen es gerne intern so ein Lagerfeuer, wo man die Familie trifft, abends und gemeinsam eben noch mal dieses Ritual pflegt, „KiKA-Baumhaus“ sich anzuschauen und KiKANiNCHEN ist auch so eine so eine Figur, die sehr schnell liebgewonnen wurde von den Kindern. Wir erleben es jetzt gerade. Wir hatten vor einer Weile so eine Art Lovestorm auf Social-Media, wo einfach Kinder davon erzählt haben, Jugendliche jetzt „Ach KiKANiNCHEN, das war meine Kindheit.“ Also dass man sich daran erinnert, und man wird mit KiKANiNCHEN halt gemeinsam groß und so, wenn man auch auf Off-Air Events manchmal sieht, wenn Christian eine Bühnenshow macht und da kommen halt sehr coole Jugendliche im Alter von 16 auf ihn zu und nehmen ihn in den Arm, wollen Selfie-Fotos mit ihm machen, weil einfach wirklich man merkt sie haben das genossen mit KiKANiNCHEN und seinen Freunden groß zu werden. Von daher glaube ich schon, dass wir ein sehr fester Bestandteil sind in den heutigen Medienhaushalten.

Inka Kiwit: Der auch besonders viel Freude und Spaß bringt. Hinter dir hängt sogar das KiKANiNCHEN im Bild, wie ich sehe.

Matthias Franzmann: Den habe ich zum 50. Geburtstag von den Kollegen, einen geknüpften Wandteppich bekommen mit dem KiKANiNCHEN-Logo. Aber das zeigt eben auch, wie wir im Team des alle wirklich sehr leben. Also hier ist hier mit Herzblut dabei. Wir machen das, weil wir es wirklich gerne machen, weil wir es machen wollen. Es sind Kollegen dabei, die in der freien Wirtschaft mehr Geld verdienen, könnten aber einfach gerne hier sind, weil sie sagen sie möchten einfach Programm für die jüngsten machen. Da kann man viel verkehrt machen. Und wir wollen einfach gute Möglichkeiten bieten, mit Kindern sich an die Medien heranzutasten.

Inka Kiwit: Das ist auch ein ganz gutes Stichwort, weil ich finde, aus deinen Antworten ist klar geworden und das wissen wir ja auch in den Redaktionen, dass es bei den Vorschulangeboten ja besondere Anforderungen gibt. Die Bedürfnisse von Medieneinsteiger und Einsteigerinnen, die sind einfach andere als bei Grundschüler*inner oder den Preteens. Worauf achtet ihr in der Redaktion? Was muss konkret erfüllt sein, damit Vorschulinhalte sowohl sicherer Raum, aber gleichzeitig auch unterhaltsam sind? Wie macht ihr das?

Matthias Franzmann: Es ist ganz, ganz wichtig, die Kinder damit zu kriegen, dass wir Geschichten erzählen. Also Geschichten sind das A und O. Die Kinder müssen Freude daran haben, das zu sehen, was sie bei uns erleben. Es muss unterhaltsam sein, das Ganze. Und das passiert in Geschichten auf jeden Fall am allerbesten. Und trotzdem bieten wir natürlich auch Orientierung mit dem, was wir machen. Also wir bemühen uns darum, dass eben Kinder, auch andere Gleichaltrige gesehen, sich selbst dadurch entdecken können, dass sie sehen, was machen andere Kinder natürlich, sich über Identifikationsfiguren wie KiKANiNCHEN oder Fidi im Baumhaus, selbst reflektieren zu können, so ein bisschen. Und wir machen mit allem, was wir tun, trotzdem auch so ein bisschen Bildung. Also, wir wollen nun mal die Kinder fördern, aber ohne sie halt zu überfordern. Man muss nur mal gucken man holt die Kinder auf Augenhöhe ab, guckt so was können Sie schon leisten, was ist altersgerecht für sie und genau da anzusetzen. KiKANiNCHEN baut seit Anfang an, seit 15 Jahren auf dem Prinzip der Kokonstruktion auf. Das ist halt auch so ein klassisch pädagogisch-didaktisches Handlungskonzept, wo es darum geht, man lernt durch Interaktion. Darum ist KiKANiNCHEN selten alleine unterwegs. Wir haben die erwachsenen Begleiter mit dabei, und dann erarbeitet man sich Situationen. Und indem man halt Situation meistert, nächste Stufen erreicht, lernt man eben auch was dabei. Und das möglichst spielerisch. Also wir gucken ja eigentlich auch so, wie wir es in den Kindergärten gelernt. Und so bieten wir bei uns auch so Programme an, dass die Kinder sich bei uns wohlfühlen, aber nie die Unterhaltung der Unterhaltung-Willen, sondern dass wir auch etwas mitgeben bei dem Ganzen. Und ganz wichtig ist halt in kleineren Häppchen. Also keine zu großen Erzählbögen zu haben. Bei Geschichten irgendwann schalten sie halt ab, weil die Konzentrationsspanne zwar nicht ganz so lange es wie bei einem Grundschüler zum Beispiel schon der erfahrener ist, im Medienkonsum. Dann erzählen wir halt kürzere Geschichtenbögen, und wir achten darauf, dass, wenn mal eine Spannung aufgebaut wird, sie möglichst schnell wieder natürlich dann sich auflöst. Dass halt niemand Angst haben muss, beim Programm zu gucken, weil wir immer ein gutes Zeichen geben wollen. Eltern, das ist ein sicherer Platz bei uns, das ist wirklich geeignet für Kinder von drei bis sechs. Da muss man sich keine großen Sorgen machen.

Inka Kiwit: Wie sichert ihr denn diese Qualität? Habt ihr ein großes Netzwerk?

Matthias Franzmann: Es sind vor allem die direkten Kontakte, natürlich. Also wir haben uns das Kreativ-Magazin „ENE MENE BU“, da haben wir ja regelmäßig Kinder auch vor Ort. Das heißt, wir können Kinder beobachten. Wir haben direkten Austausch mit ihnen und sehen, wie sie auf Sachen reagieren, die sie bei uns im Programm sehen. Natürlich holen wir uns Expertise, also wir haben das Bildungskonzept intensivst erarbeitet damals und sind natürlich auch immer wieder mal interessiert daran, mit dem IZI zum Beispiel, dem Zentralinstitut für das Jugend und Bildungsfernsehen in Bayern. Dass wir da Programme angucken lassen. Wir haben jetzt ein anderes Format entwickelt, „Stark mit Fidi“. Das war dann auch wiederum mit einer Expertin zusammen. Das wir auch da gucken, wir holen uns Expertise, wir haben zwar ein sehr gutes Fachwissen in der Redaktion erarbeitet, aber es gibt gewisse Momente, da schaut man da doch noch mal und holt sich Unterstützung von außen.

Inka Kiwit: Matthias, ich würde gern mit dir auch noch mal ein bisschen zurückschauen. Wie haben sich denn die Anforderungen an Vorschulangebote verändert, wenn wir jetzt mal auf die klassischen Themen gucken wie wandelnde Mediennutzungsgewohnheiten oder auch veränderte Familienstrukturen? Wie hat sich das geändert in den letzten Jahren?

Matthias Franzmann: Es ist auf jeden Fall ein schier unüberschaubarer Markt geworden. Also man muss ja auch mithalten und es gibt viel mehr Konkurrenz, dass man gucken muss, wie fällt man da irgendwie auf? Wie macht man sich dann noch relevant bei den Eltern? Und natürlich erzählen wir andere Geschichten. Also man muss immer genau aufpassen, dass man halt divers bleibt in seinen Ansichten auch. Also man muss aufpassen, nicht immer nur das Bild der klassischen Familie vor Augen zu haben, wenn wir Geschichten erzählen. Also es sind natürlich wesentlich mehr Situation in der Realität als Vater-Mutter-Kind. Es gibt Alleinerziehende, es gibt aber auch gleichgeschlechtliche Eltern. Es gibt Patchwork-Familien, und das sind so Sachen, die muss man wirklich sich angucken und im Programm auch wieder platzieren. Bis hin zu was ist gesellschaftlich unterwegs? Was sind Themen, die von Interesse sein können? Und die versuchen wir halt, ins Programm zu übertragen.

Inka Kiwit: Was für eine Bedeutung haben denn digitale Plattform für das Vorschulangebot? Wir haben ja die KiKANiNCHEN-App und kikaninchen.de. Was haben die für eine Bedeutung, wie habt ihr auf diese veränderten Mediennutzungsgewohnheiten reagiert?

Matthias Franzmann: Ich habe gerade eben gedacht eigentlich war die Frage, wie viel zu schnell meine Antwort, natürlich oder nicht. Das lineare Fernsehen ist, ein Bestandteil natürlich noch. Aber heutzutage sind die Menschen gewohnt, dass sie jederzeit und überall Medien konsumieren können. Da muss man natürlich auch dranbleiben bei dem Ganzen. Und darum ist die KiKANiNCHEN-App eben eine Möglichkeit, man erreicht halt die Kinder immer. Die App ist auch so aufgebaut, dass die Kinder sie halt wirklich selbst nutzen können, dass sie mit KiKANiNCHEN darin spielen können, aber eben auch unser Filmangebot nutzen können. Und Eltern können auch selber Sachen runterladen, die man eben anbieten kann. Und genauso, man will ja auch mehr haben als das reine Konsumieren von Videos. Darum kikaninchen.de, das ist so ein Angebot bei uns, wo wir halt ganz viel mehr Wert noch bieten. Also wo wir auch einladen, Eltern mit den Kindern zusammen entdecken etwas dort, man kann sich Bastelvorlagen downloaden. Aber man gibt, man kriegt auch einfach andere Videos nochmal, wie das erlebte in den Alltag übertragen, das wäre halt so Serien und mal eine Bastelanleitung haben, Spieletipps so bedienen wir halt wirklich viele Plattformen.

Inka Kiwit: Ja, das heißt ja, ihr aktiviert die Zielgruppe richtig. Und das ist auch ein Schlagwort, was bei uns intern oft fällt: Aktivierung. Ich hätte jetzt gern so einen so einen Button, activate. Wie aktiviert ihr Medieneinsteiger*innen zu einer aktiven Teilnahme und warum ist gerade das so wichtig?

Matthias Franzmann: Ja, es ist auf jeden Fall wichtig, dass die Kinder sich ja selbst entdecken und ihre Möglichkeiten entdecken. Also nicht nur den puren Konsum von Serien und also gerade unser Kreativ- und Mitmach-Magazin „ENE MENE BU“. Da haben wir uns einfach vorgenommen es ist ein Magazin von Kindern für Kinder, wo einfach Kinder andere Kinder beobachten dabei, wie die kreativ werden, etwas basteln, aber auch sich Spiele einfallen lassen, Bilder malen und dadurch einfach selbst angeregt werden, auch sowas auszuprobieren. Es ist halt Fantasie fördernd das Ganze natürlich auch aber eben auch die Resilienz ist ein total wichtiges Thema, dass Kinder sich fast zutrauen. Also indem sie sehen „Ach, guck mal, das ist ein Kind, das ist ungefähr in meinem Alter, das kann ich mir mit der Schere selbstständig arbeiten, ich probiere es eben auch mal aus.“ Also indem einfach Kinder nicht immer nur gesagt bekommen, hier macht das mal, macht das mal, man zerrt an ihnen. Sie sehen einfach bei uns Beispiele, wie andere Kinder aktiv sind. Und dann werden sie eben selber auch aktiv. Dass man eben die Kinder aus dem passiven Konsumieren, ins aktive Gestalten bringt. Und wir überführen ja auch unsere Formate teilweise in so eine Off Air Aktivität, dann auf „KiKA kommt zu dir!“ gibt es zum Beispiel. Da kommen wir eben in Kitas auch und bieten halt die Sachen, die man bei uns aus dem TV kennt, eben als Aktion noch mal an. Es gibt die Monsterparty von KiKANiNCHEN. Ganz neu fangen wir jetzt an. Wir haben Vorlesegeschichten eingeführt bei uns vom „KiKA-Baumhaus“, dass man einfach anregt: „Eltern lest euren Kindern vor!“ Die allererste Möglichkeit überhaupt Geschichtenstrukturen zu verstehen, für Kinder ist in Bilderbüchern lesen, Geschichten vorgelesen zu bekommen, die weiterzuspinnen, da in den Austausch zu kommen und das übertragen wir jetzt auch in „KiKA kommt zu dir!“. Wir besuchen Bibliotheken und laden Kinder ein mit unseren Moderatoren mit den Figuren auch teilweise. Also es wird auch aus dem „KiKA-Baumhaus“ die Fidi mit dabei sein, einfach sich vorlesen zu lassen.

Inka Kiwit: Schön. Würdest du sagen, ihr habt eine 360 Grad erlebbare Vorschul-Welt geschaffen?

Matthias Franzmann: Würde ich sagen ja. Das war eben auch so ein Ziel zu gucken, wo können wir überall die die Zuschauenden erreichen? Wo bieten wir Ihnen was an? Und ich glaube schon, dass wir da jetzt so diesen 360-Grad-Blick erreicht haben, dass man sie wirklich auf verschiedenen Plattformen abholt. Auch mit speziellen Angeboten gerade Instagram, nur für die Eltern. Dass wir da ihnen Zusatzinformationen bieten, aber immer natürlich im Bezug auf das Programm, das wir da weitergehende Informationen bieten oder Blicke hinter die Kulissen. Aber eben auch, dass wir gucken, wie wir bei YouTube zum Beispiel, also viele kritisieren auch, warum braucht der KiKA noch einen YouTube-Kanal? Aber YouTube ist die größte Suchmaschine, die es im Netz gibt und da wird man eben gefunden. Und wir erreichen einfach dort über diese Möglichkeit, die Plattform auch wieder neue Nutzende. Der, die sagen „Das ist ja toll, das wusste ich gar nicht.“ Und dann versuchen wir, die Zuschauer überall abzuholen, wo sie sich halt aufhalten.

Inka Kiwit: Wir versprechen ja bei KiKA „KiKA für alle“ bei den Vorschulangeboten: Sind wir wirklich für alle?

Matthias Franzmann: Ja, ich weiß, worauf du hinauswillst. Wir haben Nachholbedarf, noch was die Barrierefreiheit anbelangt. Also das war lange Zeit sicherlich auch ein Kostenproblem, also das kostet eben auch alles Geld. Aber natürlich wollen wir barrierefrei unsere Programme anbieten und vor einer Weile ist der KiKA übergegangen dazu, dass ganz viele Programme untertitelt werden, dass man eben auch da nicht hörende Zuschauer mitnimmt. Es gibt es aber auch dahin, dass Eltern, die halt nicht gut hören, eben durch die Untertitel die Inhalte besser verstehen können, die bei uns geboten werden. Und der nächste Schritt, nachdem jetzt auch Audiodeskriptionen angeboten werden für Filme bei uns zum Beispiel haben wir jetzt bei „ENE MENE BU“ angefangen, so ein Pilotprojekt, das wir halt auch mit wie Gebärde arbeiten wollen. Und auch da der Versuch, nicht einfach so als Dienstleistung Sachen, die schon da sind, noch einmal gebärden zu lassen. Weil das ist ja doch wieder Programm, was von Hörenden für Hörende produziert wurde, sondern wir gucken jetzt, dass wir mit nicht-hörenden Kindern gemeinsam produzieren. Also da haben wir jetzt angefangen damit, dass natürlich auch ganze nicht-hörenden Teams, das ist etwas umfangreich, aber es macht wahnsinnig viel Spaß und wird sehr gut angenommen, das Ganze. Die ersten fertigen Produkte werden jetzt auch dann Ende September zu sehen sein bei uns. Und wir gucken eben darüber zumindest Sachen nachträglich eben zugänglich machen wollen, dass wir jetzt Kinder sich die Sendung angucken lassen. Und dann aber gebärden zwei Kinder, die möglichst nah an der Zielgruppe sind, über das, was sie sehen und erzählen, im Grunde genommen anderen nichthörenden Kindern davon, was diese Kinder dort sprechen, in dem Programm. Dass wir da halt versuchen, wirklich den nächsten Schritt zu gehen. Also wir legen großen Wert darauf, auch ein diverses Programm anzubieten. Aber wir wollen ja auch repräsentieren. Also, dass alle Gesellschaftsschichten sich bei uns wiederfinden im Programm, da gibt es auch ganz viel Nachholbedarf, und diese Gebärde ist ein weiterer Schritt dorthin. Vorgelagert haben wir bei KiKANiNCHEN angefangen, dass wir Minderheitensprachen umgesetzt haben. Es gibt jetzt KiKANiNCHEN auch auf Friesisch, zum Beispiel und das wurde natürlich von den Friesen gut angenommen, jetzt haben wir es auch auf Sorbisch gemacht, das Ganze und haben auf jeden Fall ganz, ganz fest vor jetzt, große Minderheit, die in Deutschland lebt, sind türkische Familien zum Beispiel und dass  wir auch da zukünftig Sachen auf Türkisch anbieten wollen. Und erster Schritt, wo wir jetzt vermehrt versuchen, weil viele Kinder wachsen ja auch Bilingual auf, dass wir so dieses Immersive lernen, ist ja auch bei Kindern besonders gut möglich, man schnappt was auf und wenn man früh mit Englisch konfrontiert wird, gewinnt man so ein Sprachengefühl für Englisch. Was wir jetzt gerade gucken, es gibt ja auch viele Produktionen, die auf Englisch produziert werden, dass wir uns darauf die Rechte sichern, um diese Serien auch auf Englisch ins Programm nehmen zu können.

Dass man da eben in zwei Sprachen, Deutsch und Englisch die ganzen Sachen sieht, Türkisch noch so ein weiterer Wunsch. Und so gibt es nach und nach, gehen wir Schritte. Und so soll es halt Stück für Stück noch weiter wachsen.

Inka Kiwit: Und du hast auch noch was im Ärmel sozusagen, worüber wir noch gar nicht gesprochen haben, was es eventuell auf Deutsch und auf Englisch geben wird und ganz neu sein wird richtig?

Matthias Franzmann: Ja, wir gucken natürlich immer, was ist im Portfolio von KiKA noch nicht da. Was brauchen wir noch. Wir haben uns sehr gefreut, als wir einen Abschlussfilm von der Filmhochschule Baden-Württemberg eingereicht bekommen hatten, von einer Produktionsfirma, die gerne mit dieser Regisseurin arbeiten wollten. Daraus ist jetzt „Nitso und das zottelige Alphabet“ geworden, ein Format zum Buchstabenlernen. Und es geht im Grunde genommen um das klassische Anlaut lernen, dass man da die Buchstaben lernt, wie man halt die Anlaute von gewissen Worten lernt und haben mit einem kleinen Yeti Jungen Nitso da wirklich sehr, sehr schöne Folgen produziert. Und diese Serie ist auf unseren Wunsch hin dann für den deutschen Markt entwickelt worden, sodass es halt dann weltweit funktionieren soll, um das Englisch lernen anzubieten. Aber wir haben von Anfang an darauf geachtet, dass eben alle Begrifflichkeiten eine Rolle spielen, eben sowohl auf Deutsch wie auf Englisch funktionieren. Im Piloten damals waren noch ein Schmetterling zum Beispiel drin, der auf Englisch Butterfly heißt und dann halt auf Deutsch als Blaufalter übersetzt wurde, weil er halb blaue Flügeln hat. Aber natürlich wollten wir schon die ganz korrekten Wörter haben, die die Zuschauer lernen und sind auch bemüht drum, unerwartete Wörter dabei zu haben, die etwas schwieriger sind, aber auch die ganz klassischen Sachen. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir jetzt dadurch eben auch die Serie sofort auf Deutsch anbieten können wie auch auf Englisch und dass das halt beides mit den gleichen Bildmaterialien funktioniert, haben auch da wieder ein großes Zusatzangebot entwickelt. Es gibt das Alphabet zum Downloaden online aber wir haben auch Memory-Spiele, wo die Kinder einfach lernen, Buchstaben den entsprechenden Bildern zuordnen zu können. Und da wieder die große Herausforderung, es war eigentlich gedacht, für Vorschüler zu machen, die noch nicht schreiben können, dass die Buchstaben lernen, aber natürlich auch die Grundschüler mitzunehmen, die gerade mit den anlautenden in der ersten Klasse, ersten, zweiten Klasse arbeiten. Und so haben wir uns entschieden, dass die Geschichten zwar schon sehr ritualisiert sind, dass sich die Jüngsten sehr wohlfühlen darin, weil irgendwie sie haben alle den gleichen Ablauf. Es kommen immer ungewohnte Überraschungen drin vor. Also, da haben die Eltern ihren Spaß daran, glaube ich. Aber sind noch so gebaut, dass dann trotzdem die jungen Grundschüler aufgrund des Witzes, der drin ist, manchmal sind auch so ironische Sachen dabei, die in der in der Regel bei den Vorschülern verpuffen, weil sie noch kein Gefühl für Ironie haben. Aber die Grundschüler nehmen wir eben da wieder mit, dass sie da schon auf der Humorebene mitgenommen werden. Und so gucken wir halt von vornherein ganz genau. Wofür machen wir das Ganze? Welche Zielgruppe ist das? Ein dreijähriges Kind erwartet was völlig anderes von uns halt jemand, der sechs Jahre ist und auf dem Weg in die Grundschule. Da können sich Eltern auf uns verlassen, dass wir schon uns versuchen, ein Bild vom Zuschauer zu machen im Vorfeld, dass das eben passgenau produziert wird, das Ganze.

Inka Kiwit: Ja. Ich liebe es tatsächlich, mit dir über Formate zu sprechen. Wir müssen einfach noch über ein Format reden, was ich persönlich sehr, sehr mag. Und das ist auch eines der jüngsten Formate aus deiner Redaktion nämlich „Stark mit Fidi“. Vielleicht kannst du noch einmal sagen, was ihr euch hierfür Gedanken gemacht habt. Das ist ja wirklich ein besonderes Format.

Matthias Franzmann: Ach ja, bei „Stark mit Fidi“ muss ich ein Stück ausholen. Fidi ist ja erstmal bei uns im Baumhaus eingezogen als Figur, aber wir sagten auch, im „KiKA-Baumhaus“ braucht es ein Repräsentant für die Zuschauer. Und dann haben wir uns für diese Fledermaus Fidi entschieden, die dazu noch divers ist, weil sie einfach tagaktiv ist. Also wir haben einen nachtaktives Tier, was tagaktiv für uns auftaucht, weil eben zuhause alle anderen schlafen und Fidi tobt sich bei uns aus, sie sieht die Welt der Erwachsenen eben als totaler Fremdkörper. Was den Kindern das Gefühl gibt, sie wissen manchmal ein bisschen mehr als Fidi, was so die Kinder auch in wiederum so resilient ein Gefühl gibt „Ich weiß ja schon was“ aber trotzdem lernen sie über diese Fragerunden mit Fidi sehr viel. Wir haben dann zu Corona-Zeiten mit Fidi einen Podcast entwickelt, das können wir ja schnell produzierenden. Haben uns da für „Fidisophie“ entschieden also einfach philosophische Fragen, Kinder können die schönsten Fragen stellen. Und das immer im Austausch mit unseren Moderatoren aus dem „KiKA-Baumhaus“. Juri, Singa sprechen mit Fidi über solche Themen, also, wo es um Mut geht, um Angst geht, um Freundschaft also wirklich herzallerliebst, bei kikaninchen.de zu finden. Und dann dachten wir uns, man muss doch aus Fidi mehr machen und hatten eine wunderbare Produzentin aus Süddeutschland, die die Idee entwickelt hatte, mit einer Figur etwas zu machen zum Thema Austausch Eltern-Kind. Und sehr schnell ist dann mit der Redaktion bei uns entstanden, „Lasst uns doch was machen zum Thema gewaltfreie Kommunikation.“ Es gibt so viel Frust in Familien, einfach, weil sich Eltern und Kinder hochschaukeln, weil sie sich gegenseitig unverstanden fühlen und in dieser kleinen Serie mit zehn Folgen, aber mit authentischen Familien gedreht. Es sind wirklich Probleme, die aus den Familien kommen. Es ist mit Laiendarstellern gedreht. Weil uns war wichtiger, die Probleme kommen authentisch und echt rüber und nicht, dass wir irgendetwas von Schauspielern darstellen lassen, dass wir die Probleme aus den Familien und da wiederum auch mit Expertin. Dr. Martina Stotz hat uns da sehr, eine Erziehungsberaterin, sehr unterstützt, die Themen auf Augenhöhe hinzubekommen. Es taucht ein Problem auf, es geht um Alltagsstreiterein, was weiß ich, aufräumen zum Beispiel, totaler Frust zwischen Kind und Elternteil. Und dann geht das Kind mit seiner Kuschel-Fidi, eine selbstgenähte Figur, ins Kinderzimmer. Kein Erwachsener mehr da, und aus dieser Kuschel-Fidi wird unsere Puppe aus dem Baumhaus, die Fidi. Dann tauschen sich Kind und Fidi aus, und in einem sehr kindgerechten Gespräch, wird das Kind sich bewusst, was sein Problem eigentlich ist und dass es das Problem, aber nicht richtig artikuliert, bekommt. Und dann entwickelt Fidi mit dem Kind erst mal eine Fantasie, also wahnsinnig verrückt, was man noch alles erreichen könnte, wenn man jetzt selber entscheiden könnte. Aber daraus entwickelt sich immer auch so eine Erkenntnis, man muss das gemeinsam lösen mit den Eltern. Und dann kommt es immer zu einer Versöhnung. Den neuen Gesprächsansatz zwischen Eltern und Kind, wo es dann eine ein Mittelweg gefunden wird, eine Lösung. Wir haben wahnsinnig viel Feedback von den Eltern bekommen, dazu, dass sie sagen es ist so schön zu sehen, dass es eben auch andere gibt, die genau die gleichen Schwierigkeiten haben, auch Eltern sind ja da, fühlen sich alleingelassen. Und dann sehen sie einfach, diese Probleme haben ganz viele auch und sind total dankbar, so Ansätze zu bieten, wie man eben auch aus so einer festgefahrenen Situation rauskommt, außer sich gegenseitig anzubrüllen. Was sind Stresssituationen? Ja, menschlich. Passiert einfach, Kind ist frustriert. Sehr schönes Format. Wir sind sehr stolz darauf. Wir wollen auch weiterarbeiten, daran auf jeden Fall.

Inka Kiwit: Sehr gut. Wir haben jetzt schon öfter über die Eltern gesprochen, hier, bei „Stark mich Fidi“ spielen sie jetzt natürlich mit. Jetzt hast du auch gerade gesagt, dass sie wahnsinnig viel Feedback von anderen Eltern bekommen habt. Vielleicht kannst du es noch mal konkretisieren. Welche Rolle spielt denn die Zusammenarbeit mit Eltern für euch, wenn ihr Vorschulangebote entwickelt?

Matthias Franzmann: Eine riesengroße Rolle, weil wir sehen eigentlich immer die doppelte Zielgruppe, wir sehen eigentlich immer die Kinder mit den Eltern zusammen. Und wenn wir natürlich auch immer dafür plädieren, also eigentlich auch, wenn wir einen noch so sicheren Raum bieten, es schadet nicht, wenn Eltern mit den Kindern gemeinsam sich die Programme angucken, zumindest so lange, bis die Eltern wissen, was die Kinder sich angucken, damit sie, wenn Rückfragen kommen, einfach auch darüber sprechen kann. Und so gerade was ich vorhin meinte mit „Fidisophie“, das haben wir halt so aufgebaut, um auch wiederum so einen Ansatz zu bieten. Kinder haben ganz viele Fragen auch aus dem Programm entwickeln sich Fragen und dann, „Liebe Eltern, bietet eurem Kind doch an, euch darüber auszutauschen.“ Also nicht immer nur da wird der passive Konsum, sondern man kann sich ihnen darüber austauschen. Daher auch diese Idee mit dem Vorlesen, weil es ist so exemplarisch dafür. Kein Kind lässt sich einfach nur ein Bilderbuch vorlesen, sondern es will darüber reden, es will Rückfragen stellen. Und das ist eben der Punkt, weshalb wir Eltern eigentlich immer mitdenken bei dem, was wir tun. Natürlich sollte ein Programm so funktionieren, dass es halt ohne die Eltern funktioniert. Aber wir bieten immer Ansätze auch darin, dass sich die Möglichkeit ergibt, weiterführende Gedanken zu spinnen, mit den Kindern, dann darüber zu sprechen, was sie dort gesehen haben. Wir bekommen sehr viel Feedback von Eltern auf jeden Fall auch, also natürlich macht man ja auch Medienforschung, macht man qualitative Medienforschung, wo Eltern befragt werden. Unser Problem ist ja ganz oft, dass man also so Fragebögen mit Kindern aus der Vorschulgruppe geht auch gar nicht allein. Also machen wir oftmals auch Befragungen mit den Eltern. Das ist schon sehr, sehr förderlich, immer gleich so ein Familienbild auch dann zu haben und mit den Eltern gemeinsam über das Medienverhalten der Kinder auch zu sprechen.

Inka Kiwit: Sagt Matthias Franzmann, Leiter der Redaktion Vorschule ganz lieben Dank für das Schöne Gespräch, Matthias.

Matthias Franzmann: Schon zu Ende jetzt, oder? Schöner Austausch mit dir.

Inka Kiwit: Nur ein ganz kurzer Nachklapp von mir, weil Matthias es sehr deutlich gemacht hat, wie wichtig es ist, Vorschulkindern einen sicheren Raum zu bieten. Einen Safe Space mit starken Marken, die zugleich Spaß machen und den emotionalen, kognitiven und sozialen Fähigkeiten, aber auch den medialen Bedürfnissen von Vorschüler*innen entsprechen. Darauf ist bei KiKA einfach verlass. Die bisherigen Folgen, die finden Sie in der ARD-Audiothek und überall dort, wo es Podcast zu hören gibt. Und wenn Sie Fragen oder Feedback haben, dann schreiben Sie uns gern. Klicken Sie den Kontakt-Button auf unserem KiKA-Kommunikationsportal unter kommunikation.kika.de. Da finden Sie übrigens auch alle Transkripte zum Nachlesen. Also bis zum nächsten Mal. Machen Sie es gut, ciao.